CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI
: Schwitzen und Spritzen

Das Geheimnis von Schönheit? Disziplin! In diesem „Tatort“ jedenfalls wird hart gearbeitet für das perfekte Antlitz, die straffe Mundpartie, den aller Schwerkraft trotzenden Busen. Und wenn das Schwitzen doch nicht hilft, dann gibt es immer noch das Spritzen: Werfen die Münchner Kommissare Batic und Leitmayr (Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl) mal einen Blick in die Kühlschränke der Verdächtigen, liegen da nur gut gekühlt Botox-Ampullen.

Ermordet wurde nämlich die Besitzerin eines Wellnesstempels. Oh komm, süßer Tod: Ausgerechnet beim Entspannen im Schokobad wurde ihr der Garaus gemacht. Die Trauer scheint sich im Familienumfeld in Grenzen zu halten, schließlich könnten betrübte Mienen Falten hinterlassen. Die Opfermutter (Gudrun Landgrebe) schaut aus, als hätte man ihr das ewig junge Lächeln direkt ins Gesicht genäht, während der Ehemann der Toten, ein alternder Posterboy (Robert Atzorn), darauf achtet, dass ihm die eingespielte Mimik nicht verrutscht. Nur die Schwester (Victoria von Trauttmansdorff) schlägt aus der Art und stapelt heimlich Schokolade im Nachtschrank. Batic und Leitmayr tragen derweil versuchshalber das ein oder andere Cremchen auf ihre rissige Haut auf.

Tragisch und komisch ist es, wie die Schönen und Reichen von München ihren Kampf gegen das Altern führen. Regisseur Filippos Tsitos und Autorin Stefanie Kremser finden für ihre Parade echter oder vermeintlicher Best-Ager genau den richtigen Ton. Die Melancholie über die unwiederbringliche verloren gehende Jugend und die Aggressivität des Antifaltengeschäfts sind fein austariert.

Das Schönste aber: Robert Atzorn, der in seinen eigenen Hamburg-„Tatorten“ oft als eitler Bullenfatzke rüberkam, läuft hier ausgerechnet als zerknittertes Anti-Aging-Model zu tragischer Größe auf. Anrührend, wie er als Fotomodell Ende 50 gegen sein Verfallsdatum ankämpft.

München-„Tatort“: „Unsterblich schön“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD