Soldaten entlassen

Verteidigungsminister Jung zieht Konsequenzen aus Leichenschändungen. Auch Staatsanwalt ermittelt

BERLIN taz/afp/ap ■ Die Staatsanwaltschaft in München hat gestern Verfahren wegen Störung der Totenruhe im Skandal um die makabren Schädelfotos von Soldaten aufgenommen. Der Staatsanwalt sagte der taz, er ermittle gegen einen Beschuldigten aus der Region. Dabei dürfte es sich um einen 25-jährige Unteroffizier der Gebirgsjäger handeln, der in Mittenwald stationiert ist. Er ist einer der beiden Soldaten, die Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) gestern ab sofort vom Dienst suspendierte. Nur diese beiden aus der Gruppe von insgesamt sechs Soldaten, die auf den am Mittwoch veröffentlichten Fotos mit Totenschädeln hantierten, waren noch im Dienst der Bundeswehr. Die anderen sind ausgeschieden.

Inzwischen gibt es weitere ähnlich gelagerte Fälle. Hier ermittelte die Bundeswehr drei Tatverdächtige, von denen einer nach Angaben des Bundeswehrsprechers Thomas Raabe bereits vernommen wurde. Der Sender RTL hatte die Fotos, auf denen erneut Soldaten der Bundeswehr im Umgang mit Leichenteilen zu sehen sind, am Donnerstagabend ausgestrahlt. Sie wurden 2004 aufgenommen.

Bundeswehrpatrouillen hätten regelmäßig an der Fundstelle der Leichenteile, einer Lehmgrube im Süden Kabuls, angehalten, berichtete Bild. Von dort stammen alle bisher veröffentlichten Bilder. Die Nato sagte, sie habe keine Informationen, dass sich Soldaten anderer Nationen an Totenschändungen beteiligten.

Bild erklärte, über „Dutzende weitere Bilder“ aus den Jahren 2003 und 2004 zu verfügen. Zu sehen sei unter anderem, wie ein Soldat einem aus verschiedenen menschlichen Knochen zusammengesetzten Skelett in der Art einer Hinrichtungsszene eine Pistole an den Totenschädel hält. Auch sei einem Totenschädel ein Bundeswehrbarett aufgesetzt worden.

Raabe sagte, der Knochenfundort befinde sich in der Nähe des Isaf-Lagers Camp Warehouse in Kabul. Dies sei auch der Fundort russischer Panzerwracks aus der Zeit der sowjetischen Besetzung bis 1989. Die Herkunft der Knochen sei jedoch noch nicht abschließend geklärt, so Raabe weiter. Trotz der Häufung der Fälle beharrt die Bundeswehr darauf, es handele sich um Einzelfälle. Das Verhalten der an den makabren Fotoaufnahmen beteiligten Soldaten sei nicht repräsentativ für die mehr als 200.000 Soldaten, die bislang in Auslandseinsätzen waren.

CHRISTOPH GERKEN

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