Manche kämpfen weiter gegen die Hereros

Die nach dem Herero-Peiniger benannte Von-Trotha-Straße in München soll umbenannt werden. Anwohner des Stadtbezirks aber wollen gegen eine Herero-Straße klagen – weil auch die Hereros „Buschmänner massakriert“ haben

MÜNCHEN taz ■ Es ist eine Straße, die an die blutige deutsche Kolonialgeschichte erinnert: Die Münchener Von-Trotha-Straße, benannt nach Lothar von Trotha. Der Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika schlug 1904 im heutigen Namibia den Herero-Aufstand nieder: 35.000 Hereros wurden am Waterberg eingekesselt und in die wasserlose Wüste vertrieben, wo der Großteil starb.

Ein gutes Jahrhundert später will München die Von-Trotha-Straße umbenennen. Gegen die Stimmen von FDP und CSU entschied die Vollversammlung des Stadtrats Anfang Oktober, dass der kleine Weg im Osten der Stadt künftig als Hererostraße an die Opfer erinnern soll. Noch aber ist unklar, wann die Hereros von Trotha ersetzen – der Widerstand ist groß.

Anwohner beharren auf ihrem Recht zur eigenen Namensgebung. „Die überwältigende Mehrheit bei uns ist der Meinung, dass der Name nicht geändert werden muss“, sagt Georg Kronawitter (CSU). Die Stadt habe bereits 1993 den Vornamen Lothar gestrichen, der jetzige Straßenname erinnere nur an das Geschlecht der von Trothas.

Wenn eine Umbenennung notwendig sei, dann wolle man selbst über den neuen Namen entscheiden. „Die Hereros haben schließlich vor 200 Jahren in Namibia die dort lebenden Buschmänner massakriert, deswegen haben wir massive Bedenken gegen den neuen Namen“, fasst Kronawitter die Meinung vieler aus München-Trudering zusammen. Vor Gericht wollen sie jetzt das Recht auf die Namensgebung erstreiten.

Selbst die Familie von Trothas hat bedauert, was damals geschah. „Die erbarmungslose Verfolgungsjagd, in der die Hereros in der Omaheke-Wüste von Wasserstelle zu Wasserstelle vertrieben oder getötet wurden. Hier hat … ihr kommandierender General [Lothar von Trotha], Schuld auf sich geladen“, sagten die von Trothas 2004 bei einem Treffen mit Hereros. „Heute wissen wir, dass damals die Menschenrechte grob missachtet wurden.“

Sigi Benker, Fraktionschef der Münchner Grünen ist sicher, dass „über kurz oder lang“ die Hererostraße kommen wird. Seit drei Jahren kämpft er für einen bedachteren Umgang mit den 29 Straßen, die in München an die vermeintlich heroische Kolonialzeit erinnern.

Benker würde gerne drei weitere Straßen umbenennen – darunter diejenige, die an Hans Dominik erinnert. Er begann Angriffe in Kamerun mit dem Ruf „Waidmanns Heil“. „Dafür lässt sich aber derzeit keine Mehrheit finden, die SPD scheut weiteren Ärger.“ Der Stadtrat ist schon bei der Von-Trotha-Straße auf massiven Widerstand gestoßen. „Die Leute sind aus Bequemlichkeit dagegen“, berichtet der Grüne Benker, „aber ich habe auch viele Zuschriften, in denen die Leute die deutsche Geschichte bewahren wollen.“ MAX HÄGLER