Karlsruhe beobachtet den Fall

FREIBURG taz | Die Bundesanwaltschaft hat es nicht eilig. Vor mehr als vier Wochen wurden drei Islamisten aus Deutschland in Pakistan getötet, vermutlich bei einem Drohnenangriff. Doch noch immer haben die Karlsruher kein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Nur zum Vergleich: Wenn Taliban einen deutschen Soldaten in Afghanistan töten, eröffnet die Bundesanwaltschaft sofort und routinemäßig ein Ermittlungsverfahren – auch wenn kaum Chancen bestehen, die Täter je zu erwischen. Doch wenn es diplomatische Verwicklungen geben könnte, ist die Bundesanwaltschaft sehr vorsichtig, vor allem wenn die USA betroffen wäre.

Immerhin hat die Bundesanwaltschaft inzwischen einen „Beobachtungsvorgang“ angelegt. „Wir bemühen uns derzeit um nähere Informationen, die eine Beurteilung des Geschehens überhaupt ermöglichen“, sagte ein Sprecher am Freitag zur taz.

Das deutsche Strafrecht ist anwendbar, schließlich war einer der drei Getöteten deutscher Staatsbürger. Wegen des Zusammenhangs mit einem bewaffneten Konflikt dürfte auch die Bundesanwaltschaft zuständig sein. Sonst müsste eine Staatsanwaltschaft den Fall übernehmen.

Bei strafrechtlichen Ermittlungen würden sich vor allem zwei Fragen stellen: Wer ist Täter und war die Tötung strafbar? Die Täterschaft von US-Militärs könnte sich anhand des verwendeten Raketentyps und der Art des Angriffs beweisen lassen. Außer den USA hat niemand in der Region die Möglichkeit ferngesteuerte Raketen von Drohnen aus abzuschießen. Als Täter kommen alle Personen Betracht, die den Angriff ausgeführt, geplant und angeordnet haben.

Ob der Angriff rechtmäßig war, hängt von vielen, schwierig zu ermittelnden Aspekten ab. So dürfen Guerillakämpfer nur dann legal angegriffen werden, wenn es sich um einen bewaffneten Konflikt im Sinne des Völkerrechts handelt. Dies könnte im Norden Pakistans angesichts der regelmäßigen Kampfhandlungen der Fall sein. Die USA wäre dort rechtmäßiger Kriegsteilnehmer, wenn sie mit Einwilligung der pakistanischen Regierung agierte. Dies wird zwar offiziell bestritten, dürfte faktisch aber der Fall sein. Auf der anderen Seite durften die drei aus Deutschland stammenden Islamisten nur Ziel von Angriffen werden, wenn sie an den Feindseligkeiten als Kämpfer teilgenommen haben. Das ist aber noch völlig ungeklärt. Bünyamin E. und seine Freunde sollen sich zwar der Islamischen Bewegung Usbekistans angeschlossen haben, aber ob sie selbst an Kämpfen teilgenommen hatten oder sich für Anschläge in Europa ausbilden lassen wollten, ist unklar. Letzteres wäre strafbar, kann aber keinesfalls eine Tötung per Rakete rechtfertigen. CHR