DURCH DIE 3-D-BRILLE
: Tron Nummer zwei

Sogar Jeff Bridges hat noch mehr Tiefe als sonst

Seit mehreren Monaten versucht die Filmfirma Disney die Fortsetzung von Tron zu bewerben. Im Internet gibt es diverse Möglichkeiten, Häppchen des neuen Films „Tron Legacy“ oder des Soundtracks von Daft Punk zu checken. In den Achtzigern, als man richtig Angst vor Volkszählung und Überwachungsstaat hatte, war die Tron-Idee, die virtuelle Welt eines Computerspiels könnte realer als die echte Welt sein, eher Horror als Verlockung. Tron war der erste Film mit ausgedehnten Computer-Animationspassagen. Ein in den Neunzigern mysteriös verstorbener Hacker nannte sich Tron.

Es ist schwer, an einen solchen Kult anzuknüpfen. Letzte Woche lud Disney weltweit zum Tron-Day. 23 Minuten 3-D-Kostprobe wurden versprochen. Eine Art Megatrailer. Was hatte man da alles erwartet vorm Cubix am Alex. Nachgebaute Riesencomputerhirne mit Tentakeln, rote Teppiche oder meinetwegen den angeschrammten Jeff Bridges, der nach knapp 30 Jahren wieder bei Tron mitspielt.

Stattdessen ein gelbes Zelt, das sich aus der Nähe als ein mit Heizstrahlern vollgestellter Vorbau der Cubix-Bar entpuppt. Kein Hinweis auf Tron. Kein Pappschild, keine Wichtigtuer-Security, nicht mal vor Kino 9 ganz oben. Sachlich werden die 3-D-Brillen überreicht. „Und Handy bitte aus!“ Drin keine hundert Leute. Das erste Drittel der exklusiven Vorabausschnitte klebt platt wie Bratpfanne auf der Leinwand. Erst als der Held endlich auf dem Motorrad durch den virtuellen Raum donnert – das ist natürlich total gefährlich, dauernd fliegen ihm messerscharfe Diskusscheiben um die Ohren –, wird’s dreidimensional. Sogar Jeff Bridges hat noch mehr Tiefe als sonst. Dann ist auch schon wieder Schluss. Der Blick durch die 3-D-Brille auf den unten grade aus dem Bahnhof fahrenden roten Regionalexpress ist spannender als 23 Minuten Tron Legacy. Doof für Disney, aber schön für die Bahn. ANDREAS BECKER