KOMMENTAR VON REINER METZGER
: Offenheit ist bitter nötig

Das Misstrauen der Bürger war und ist berechtigt

Der Berliner Wasservertrag ist ein lehrreiches Beispiel für die ganze Republik. Da wird das größte Wasserwerk Deutschlands privatisiert, mit einem breit diskutierten Gesetz. Den eigentlichen Vertrag dürfen die Abgeordneten des Parlaments trotz seines Umfangs nur in einem Raum einsehen, Kopien sind nicht erlaubt. Die Materie ist kompliziert, später werden diverse Zusatzvereinbarungen getroffen. Das Landesverfassungsgericht kassiert einen entscheidenden Paragrafen im Privatisierungsgesetz, der den Käufern hohe Profite garantiert. Das Urteil zum öffentlichen Gesetz wird jedoch durch den nicht öffentlichen Verkaufsvertrag sofort wieder ausgehebelt. Resultat: getäuschte Bürger, steigende Wassergebühren und ein nach außen korrekter demokratischer Prozess.

Das kommt manchem wohl bekannt vor. Auf diese Tour werden landesweit immer mehr Steuergelder verteilt und Geschäfte staatseigener Firmen abgewickelt. Da werden Straßenbahnen oder Theater nach Amerika verleast, wird das Eintreiben der Autobahnmaut vergeben, ein Bahnhof in Stuttgart geplant. Immer heißt es „Privatgeschäft – Geschäftsgeheimnis!“, wenn Bürger nach den genauen Bedingungen fragen.

Die Details des Berliner Vertrags zeigen nun, dass das Misstrauen der Bürger berechtigt war und ist. Die Gewinnverteilung und die hohen Wasserpreise wären in einer offenen Diskussion weitaus schwieriger durchsetzbar gewesen. Und die damalige Regierung verschob mit dem schnellen Verkauf die Rechnung in die Zukunft, eine informierte Diskussion der Bürger war erschwert. Deshalb müssen solche Verträge offengelegt werden. Und das Argument des Privatgeschäfts? Das ist meist ein falsches. Es handelt sich um öffentliche Güter, nicht um private. Um Wasser, Verkehr, Stromnetze, Sozialwohnungen. Wenn ein privater Investor damit Geschäfte machen will, so ist das nicht per se unmoralisch. Aber er muss sich en detail auf die Finger sehen lassen dabei. Es ist bitter nötig.