Verträge nach dem Modell für Hartz-IV-Bezieher

MIGRATION Neueinwanderer sollen ab Anfang 2011 individuelle Verträge zur Eingliederung bekommen

Neue Sanktionen soll es bei den Integrationsverträgen nicht geben, heißt es

BERLIN taz | Die Bundesregierung will im kommenden Jahr Integrationsverträge einführen. Darin sollen, zunächst vor allem bei Neueinwanderern, sowohl die Verpflichtungen des einzelnen Migranten festgeschrieben werden als auch die Unterstützung und Hilfen, auf die dieser zählen kann. Neue Sanktionen seien dabei nicht vorgesehen, hieß es am Freitag in Regierungskreisen.

Wie zudem bekannt wurde, soll beim vierten Integrationsgipfel im Bundeskanzleramt am kommenden Mittwoch ein Aktionsplan zur Umsetzung des Nationalen Integrationsplans auf den Weg gebracht werden. Der Plan solle mehr Verbindlichkeit schaffen und die Erfolge von Integrationsmaßnahmen leichter überprüfbar machen.

Die Integrationsverträge sollen ab Anfang 2011 mit einer eineinhalbjährigen Modellphase in allen Bundesländern erprobt werden. Mitarbeiter der Migrationsberatungsdienste sollen die Verträge mit den Einwanderern abschließen. Diese Dienste, deren Aufgabe unter anderem die Erstberatung von Neueinwanderern ist, sind häufig bei Wohlfahrtsverbänden wie der Caritas oder der Arbeiterwohlfahrt angesiedelt. Bei den Gesprächen solle es um Bildung, Ausbildung und Berufserfahrung der Einwanderer gehen und auch darum, welche Integrationsmaßnahmen oder Fortbildung sie benötigten, hieß es.

Die Integrationsverträge sollen so ähnlich funktionieren wie die Eingliederungsverträge für Hartz-IV-Bezieher. Mit ihnen werden die Bezieher verpflichtet, zum Beispiel an Bildungsmaßnahmen wie Bewerbungstrainings oder auch Integrationskursen teilzunehmen. Tun sie das nicht, kann die Transferleistung gekürzt werden.

Die Integrationsverträge sollen auch Thema beim vierten Integrationsgipfel am Mittwoch sein. Im Mittelpunkt sollen die Themen Sprache und Bildung, Wirtschaft und Arbeit sowie Integration vor Ort stehen. Ziel des Integrationsgipfels sei ein Aktionsplan mit klaren und überprüfbaren Zielen, heißt es in Regierungskreisen. Damit soll der Nationale Integrationsplan konkretisiert werden. Dieser ist aus den vergangenen Gipfeln hervorgegangen und besteht aus 400 mitunter recht unverbindlichen Selbstverpflichtungen.

Zum vierten Mal werden insgesamt 115 VertreterInnen des Staates und von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen im Kanzleramt zusammenkommen, um über Integration zu beraten. Der Deutsche Fußball-Bund ist ebenso eingeladen wie der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Türkische Gemeinde (TGD).

Deren Vorsitzender Kenan Kolat ist wenige Tage vor dem Treffen verärgert. „Die Bundesregierung erweckt den Eindruck, dass sie vorher Druck auf die Einwanderer machen will“, so Kolat. Der Grund für seinen Unmut: Am Mittwoch hat das Kabinett einige Verschärfungen beim Aufenthaltsrecht beschlossen. Gespräche mit den Verbänden habe es darüber nicht gegeben, so Kolats Kritik. Auch mit der Themenauswahl ist er nicht ganz einverstanden: „Rassismus macht sich immer breiter, auch darüber muss geredet werden.“SABINE AM ORDE