Sie geben nicht nach, diese Stuttgarter

STUTTGART 21 Auf der bislang größten Demonstration gegen Stuttgart 21 fordern Zehntausende den Rücktritt von Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus (CDU)

AUS STUTTGART MARTIN KAUL

„Mappus weg“ – das war der dominanteste Slogan bei der wohl bislang größten Demonstration gegen das umstrittene Bauprojekt Stuttgart 21 am Samstag . Unter dem Motto „Sofort Baustopp – dann Gespräche“ bekräftigten die DemonstrantInnen ihre Forderung nach einem Stopp der fortschreitenden Bauarbeiten am Stuttgarter Hauptbahnhof, um den Weg freizumachen für Vermittlungsgespräche zwischen Projektbefürwortern und Projektgegnern unter Schlichter Heiner Geißler (CDU). In Stuttgart gibt es seit Monaten Proteste gegen ein milliardenteures Bauprojekt, bei dem der Stuttgarter Hauptbahnhof, um 90 Grad gedreht, komplett unter die Erde verlegt werden soll.

Während die VeranstalterInnen am Samstag – sicher übertrieben – von bis zu 150.000 DemonstrantInnen sprachen, ging die Polizei – sicher untertrieben – von rund 63.000 protestierenden Menschen aus. Das sind die bislang höchsten Zahlen, die VeranstalterInnen und Polizei seit Beginn der Proteste gegen Stuttgart 21 je nannten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte am Wochenende erneut das Projekt und kritisierte die GegnerInnen von Stuttgart 21: „Wenn man nur an sich denkt und nicht an kommende Generationen, ist das ein Problem für unser Land“, sagte sie am Samstag beim Landestag der Jungen Union Mecklenburg-Vorpommern. Grünen-Chef Cem Özdemir wiederum kritisierte die Radikalisierung der Kanzlerin in dieser Sache und den von ihr eingeschlagenen „knallharten Weg“ in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.

Ministerpräsident Stefan Mappus schlug in einem offenen Brief an die Bürger vor, ergänzend zu den vorgesehenen Schlichtungsgesprächen Informationsforen anzuberaumen, auf denen über alle Einzelfragen diskutiert werden könne – vom Schutz der Mineralquellen bis zum Baustellenmanagement. Einen Stopp aller Bauarbeiten lehnt er aber weiterhin ab. Die Einrichtung des Grundwassermanagements für die Bauarbeiten wird derzeit im Stuttgarter Schlossgarten weiter vorangetrieben.

Ende vergangener Woche hatte es Irritationen gegeben, nachdem der von Mappus eingesetzte Schlichter Heiner Geißler einen umfassenden Baustopp angekündigt hatte und bereits kurze Zeit später wieder zurückgerudert war. In dem Streit hat nun auch die evangelische Kirche ihre Vermittlung angeboten. Landesbischof Frank Otfried July forderte außerdem, Heiner Geißler als Vermittler eine „echte Chance zu geben“. Nach Angaben des Aktionsbündnisses „Stuttgart 21“ ist für Dienstag ein Treffen mit Geißler geplant. Dabei wollten sie dem Vermittler darlegen, warum sie auf einem Bau- und Vergabestopp bestehen, erklärte ein Sprecher am Sonntag.

Am heutigen Montag sollen die Proteste weitergehen. Dann wird auch Bahnchef Rüdiger Grube in Stuttgart erwartet, der an einer Veranstaltung in der Industrie- und Handelskammer teilnehmen will. Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann bezeichnete Bahn-Chef Rüdiger Grube in der Welt am Sonntag als Hauptverantwortlichen für die Eskalation im Streit um den Bahnhofsumbau. Der von ihm und Mappus vor Wochen initiierte Versuch, Befürworter und Gegner an einen runden Tisch zu bringen, sei am Widerstand von Bahnchef Rüdiger Grube gescheitert, sagte Kretschmann. Dieser sei nicht einmal bereit gewesen, nur fünf Tage mit den Abrissarbeiten am Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu pausieren. Die Bahn wies die Kritik an ihrem Vorstandsvorsitzenden Grube als „unberechtigt“ zurück.