Maximal zwanzig Euro mehr für Aufstocker

HARTZ IV Die Koalition erhöht Zuverdienstgrenzen. Für die Opposition nur ein „Mini-Kompromiss“

BERLIN taz/dpa/rtr | Erwerbstätige Hartz-IV-Bezieher sollen von ihrem Zuverdienst künftig bis zu 20 Euro mehr als bisher behalten dürfen. Darauf einigte sich eine Spitzenrunde der schwarz-gelben Regierungskoalition in der Nacht zum Freitag in Berlin.

Zunächst ändert sich bei der neuen Regelung für Aufstocker nicht viel: Die ersten 100 Euro dürfen die Betroffenen vollständig behalten, zwischen 100 und 800 Euro müssen sie weiter 80 Prozent der Einkünfte abgeben. Die Änderung kommt danach: Bei Zuverdiensten zwischen 800 und 1.000 Euro mussten Hartz-IV-Empfänger bislang 90 Prozent abgeben – jetzt sind es 80 Prozent. Macht eine Verbesserung von maximal 20 Euro. „Das ist kein großes Ding, aber ein Signal“, sagte der Arbeitsmarktexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Heinrich Kolb. Eine grundlegende Reform sei aus finanziellen Gründen nicht drin gewesen.

Als „Mini-Kompromiss“ kritisierte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Anette Kramme, das Paket von CDU und FDP. Wer Menschen zum Ausstieg aus der Abhängigkeit von Grundsicherung helfen wolle, müsse Mindestlöhne schaffen. Viele Menschen seien zudem auf Hartz IV angewiesen, weil sie zu Teilzeitarbeit gezwungen würden. Die neue Hinzuverdienstgrenze erhöhe den Anreiz für Arbeitgeber, „weiterhin Lohndumping zu betreiben“, so Kramme.

Von den etwa 1,4 Millionen Hartz-IV-Aufstockern verdient ein knappes Drittel zwischen 800 und 1.000 Euro. Gut die Hälfte verdient weniger als 400 Euro im Monat. Ziel der Koalition ist es, Langzeitarbeitslosen mehr Anreize für sozialversicherungspflichtige Jobs statt geringfügiger Beschäftigung zu geben.

Unterdessen berichtete die Süddeutsche Zeitung, die Bundesagentur für Arbeit versende schon jetzt Bescheide an Langzeitarbeitslose, in denen sie mitteile, dass das Elterngeld in Höhe von 300 Euro ab dem 1. Januar 2011 wegfalle. Über dieses Vorhaben der Koalition haben bislang aber weder das Parlament noch der Bundesrat entschieden. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, nannte das Vorgehen der BA „rechtswidrig“, ihre Kollegin Sabine Zimmermann von der Linken sprach in diesem Zusammenhang von „Selbstherrlichkeit der Regierung“. Anders argumentierte die SPD-Politikerin Kramme: Da viele Hartz-IV-Empfänger nicht Zeitung lesen würden, komme die Bundesagentur mit der frühzeitigen Information „ihrer Fürsorgepflicht nach“.

HEIKE HAARHOFF