Menschenrechtler in Haft

SRI LANKA Zwei Menschenrechtsaktivisten werden laut einem Antiterrorgesetz festgenommen. Sie wollten das Schicksal getöteter Tamilen aufklären

Die beiden hätten „Hass zwischen ethnischen oder religiösen Gruppen“ geschürt

VON SASCHA ZASTIRAL

BANGKOK taz | Die Behörden in Sri Lanka haben zwei der bekanntesten Menschenrechtsaktivisten des Landes festgenommen: Ruki Fernando und Praveen Mahesan befinden sich seit Sonntag in Gewahrsam. Anklage wurden gegen sie bislang nicht erhoben. Sie werden Berichten zufolge im Gebäude der sogenannten Antiterrorismusbehörde in Colombo unter Berufung auf ein Antiterrorgesetz festgehalten. Dieses ermöglicht es den Behörden, vermeintlich Verdächtige bis zu 18 Monate lang ohne Anklage festzusetzen. Sollten sie unter diesen Gesetz angeklagt werden, droht ihnen bis zu 20 Jahre Haft.

Den Aktivisten wird vorgeworfen, sie hätten „Hass zwischen ethnischen oder religiösen Gruppen“ geschürt oder zu Gewalt aufgerufen. Die Organisation National Peace Council (NPC) erklärte, sie betrachte die Festnahme der beiden „mit großer Sorge“. Fernando und Mahesans „Einsatz für einen nachhaltigen Frieden, für Aussöhnung und die Förderung humanitärer Normen sind unbestreitbar“. Ein Polizeisprecher erklärte, die Festgenommenen könnten mit Angehörigen sprechen und hätten Zugang zu Anwälten.

Ruki Fernando und Praveen Mahesan wurden in Kilinocchi, der ehemaligen Hochburg der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) im Norden des Landes, festgenommen. Sie gerieten offenbar in das Fadenkreuz der Ermittler, weil sie sich mit dem Schicksal von Tamilen befasst haben, die während des Bürgerkrieges oder seit dessen blutigem Ende 2009 verschwunden sind. Immer wieder werden in Sri Lanka Kritiker der Regierung oder des Militärs von Unbekannten verschleppt. Meist tauchen sie nie wieder auf.

Die nun Festgenommenen haben mit ihrer Arbeit offensichtlich in ein Wespennest gestochen. Denn sowohl Sri Lankas Regierungsarmee als auch die LTTE stehen unter dem Verdacht, vor allem in der Schlussphase des zweieinhalb Jahrzehnte dauernden bewaffneten Konflikts schwerste Kriegsverbrechen begangen zu haben. Indizien deuten darauf hin, dass Regierungssoldaten viele LTTE-Kämpfer töteten, die sich ihnen ergeben hatten. Unter anderem die USA drängen auf internationale und unabhängige Ermittlungen, die sich mit diesen und anderen Vorwürfen befassen sollen. Kommende Woche soll es hierzu eine Abstimmung vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf geben. Colombo lehnt solche Ermittlungen vehement ab.

Zum Zeitpunkt ihrer Festnahme befassten sich Fernando und Mahesan gerade mit dem Fall von Jeyakumari Balendran. Ihr Sohn verschwand laut NPC in der Schlussphase des Krieges, nachdem er sich ergeben hatte. Auch Balendran hatte sich für Angehörige von Vermisstem eingesetzt, wurde jedoch kürzlich ebenfalls festgenommen unter dem angeblichen Verdacht, sie habe einem „Kriminellen“ Unterschlupf gewährt.