„Das wäre unklug“

KLIMASCHUTZ Entwicklungsminister Dirk Niebel will das Yasuni-Projekt nicht unterstützen. Ecuador verliert viel Geld, aber Deutschland das Gesicht, sagt Ministerin Maria Espinosa

■ 46, ist Ministerin für das Kultur- und Naturerbe in Ecuador. 2007 war die Linguistin, Geografin und Anthropologin Außenministerin im Kabinett von Raffael Correa.

INTERVIEW KARIN GABBERT
UND STEFAN REINECKE

taz: Frau Espinosa, Ecuador will auf die zerstörerische Ölförderung im Yasuni-Dschungel verzichten, wenn es dafür die Hälfte der entgangenen Ölerträge bekommt. Wie garantiert Ecuador, dass es dann für immer auf das Öl dort verzichtet?

Maria Espinosa: Politisch und finanziell. Das Geld wird in einen UN-Treuhandfonds fließen. Ecuador hat sich rechtlich verpflichtet, das gesamte Geld zurückzuzahlen, sollte das Öl in Yasuni doch irgendwann gefördert wird. Das ist mit der UN vereinbart.

Und das ist wasserdicht?

Ja, es ist unmöglich, diese Verpflichtungen nicht zu erfüllen.

Offenbar traut Entwicklungsminister Dirk Niebel dieser Garantie nicht.

Dazu gibt es keinen Grund.

Glauben Sie dass es trotz Niebels Rückzieher noch Chancen gibt, dass Deutschland zahlt?

Deshalb bin ich hier. Deutschland war von Anfang an der größte Unterstützer der Yasuni-Initiative. Mein Besuch hier sollte dazu dienen, Deutschland dafür zu danken und über alle Details des UN-Treuhandsfonds zu informieren. Denn die Bildung dieses Fonds war eine Empfehlung der deutschen Regierung. Wir haben mit Entwicklungspolitikern aller Fraktionen im Bundestag geredet. Alle Parteien unterstützen das Projekt, auch die FDP.

Niebel hat in einem Brief an eine grüne Parlamentarierin zuvor erklärt, dass Deutschland Yasuni nicht unterstützen wird.

Für Ecuador ist entscheidend, dass die deutsche Regierung uns im September erklärt hat, dass sie noch offene Fragen sieht und bis zu deren Klärung nicht zahlen wird. Diese Fragen sollten nun solide beantwortet werden.

Haben Sie Minister Niebel getroffen?

Nein. Wir hatten ein Treffen mit dem Abteilungsleiter.

Sind Sie enttäuscht von Deutschland?

Ich möchte die deutsche Politik nicht kommentieren. Wir haben jedenfalls ein Interesse an Verlässlichkeit und Kontinuität in der Außenpolitik.

Was passiert, wenn Deutschland nicht in den Fonds einzahlt? Ist das das Ende von Yasuni?

Nein, keineswegs. Nach den neuen Vorbehalten aus Deutschland haben wir vergangenen Freitag während der UN-Generalversammlung in New York ein kleines Treffen einberufen. Es kamen viel mehr Interessenten als erwartet, sieben Außenminister, einige Staatssekretäre aus Italien, Spanien, Portugal, Kanada, Chile, Südafrika und Indien. Das zeigt: Unser Vorschlag hat politischen Drive. Und wir haben verbindliche Angebote für finanzielle Unterstützung.

Niebels Argument lautet: Nur Deutschland zahlt.

Das wird nicht geschehen. Umgekehrt gilt: Falls Deutschland sich wirklich zurückzieht, wäre das unklug. Deutschland hat für seine Unterstützung bisher viel internationale Anerkennung bekommen. Wenn Deutschland aussteigt, verliert Ecuador Geld. Deutschland verliert noch mehr.

Gibt es in Ecuador wegen des deutschen Ausstiegs einen Backlash für Yasuni?

Die Öllobby macht schon lange Druck. Es geht um ja sehr viel Geld, mindestens sieben Milliarden Dollar. Aber ich glaube nicht, dass Niebels Aussage das Szenario grundsätzlich verändert hat.

Präsident Correa will im November nach Deutschland kommen. Auch wenn Niebels Nein bleibt?

Ich werde Correa über meinen Besuch informieren. Dann wird er entscheiden. Es geht hier nicht um 100.000 Euro, um Bäume zu pflanzen. Yasuni ist für uns ein zentrales außenpolitisches Projekt. Und ein wirklich neues Klimaschutzprojekt.