Niemand will schuld sein

LOVEPARADE Sechs Stunden lang suchte der Innenausschuss in NRW nach den Verantwortlichen für die Katastrophe bei dem Duisburger Mega-Event

DÜSSELDORF taz | Um 21.15 Uhr beendete die Ausschussvorsitzende den Tagesordnungspunkt. Mehr als sechs Stunden lang hatte sich der Innenausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag am Donnerstag mit der Katastrophe auf der Duisburger Loveparade befasst. Sie habe nicht das Gefühl, auf dem Weg zur Klärung von Verantwortlichkeiten sehr weit gekommen zu sein, sagte die grüne Vorsitzende Monika Düker zum Abschluss.

So richtete Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) scharfe Angriffe gegen den Veranstalter Lopavent und die Stadt. Es habe vom Veranstalter ein Sicherheitskonzept für den Fall drohender Überfüllung und zur Steuerung des Besucherstroms gegeben, das nicht eingehalten worden sei. „Wir wissen nicht, warum die geplanten und verbindlich zugesagten Maßnahmen aufseiten der Ordner versagt haben“, sagte Jäger. Gleiches gelte für die Kommunikation zwischen den Verantwortlichen der Stadt Duisburg, dem Veranstalter und der Polizei während der Veranstaltung. Jäger räumte ein, dass es wohl auch Fehler vonseiten der Polizei gab. Es sei „unrealistisch“, so Jäger, „bei dem unfassbaren Chaos auf Veranstalterseite“ einen fehlerfreien Polizeieinsatz zu erwarten.

Trotz Einladung ersparte sich Rainer Schaller, der Geschäftsführer der Lopavent GmbH, einen Auftritt vor dem Ausschuss. Er ließ sich lieber durch den Berliner Rechtsanwalt Niko Härting vertreten. Sein Statement fiel kurz aus. Ein Verschulden des Veranstalters räumte er nicht ein, kritischen Fragen wich er aus: „Lopavent hat die Veranstaltung nicht alleine gemacht und auch nicht alleine vorbereitet.“

Kopfschütteln über Adolf Sauerland

Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) sprach von einer „Bürde, die uns gewiss unser Leben lang nicht mehr verlassen wird“. Ein Mitverschulden der Stadt an der Tragödie, bei der 21 Menschen ihr Leben verloren und mehr als 500 verletzt wurden, bestritt er aber erneut. Die Stadt habe gegen keine ihr obliegenden Amtspflichten verstoßen. „Meine Mitarbeiter haben rechtmäßig gehandelt.“ So seien gesonderte bauliche Prüfungen der Rampe und des Tunnels nicht erforderlich gewesen, „da die Bauaufsicht dort keine Gefahr vermuten musste“. Auch sei neben der Polizei eine zusätzliche Gefahrenabwehr durch die Bauaufsicht oder das Ordnungsamt nach den Absprachen „weder vorgesehen noch rechtlich erforderlich“ gewesen. Sauerland bekräftigte, „trotz eines enormen, ja fast beispiellosen öffentlichen Drucks“ weiter im Amt bleiben zu wollen.

Die Abgeordneten schüttelten den Kopf. „Offensichtlich soll vertuscht werden, dass die abschließende Entscheidungskompetenz bei der Stadt als Ordnungsbehörde lag“, sagte der Grüne Matthi Bolte. Eine „fatale Mischung aus Inkompetenz, Eitelkeit, Großmannssucht und Verantwortungslosigkeit“ habe offenkundig zu der Katastrophe geführt, befand SPD-Mann Sören Link. „Frau Vorsitzende, muss ich mir das wirklich anhören?“, rief Sauerland daraufhin in weinerlichem Ton. Düker beschied ihm kühl: „Hier gilt die freie Rede.“ Am kommenden Montag berät der Duisburger Stadtrat auf einer Sondersitzung über die Abwahl von OB Sauerland. PASCAL BEUCKER

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