Steinmeier frustriert

AUS BERLIN JENS KÖNIG

Wie fragil die Lage im Nahen Osten auch nach dem Waffenstillstand im Libanon ist, erfuhr Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag hautnah. Steinmeier wollte in Damaskus mit Syriens Staatschef Assad sprechen – und musste diesen wichtigen Besuch unmittelbar vor dem Abflug in Jordanien frustriert absagen. Der Grund: Assad hatte nur ein paar Stunden zuvor in einer Rede auf einem Journalistenkongress in Damaskus alle internationalen Friedensbemühungen lächerlich gemacht. Er feierte die radikal-islamistische Hisbollah und bezeichnete es als „große Ehre“, sie zu unterstützen. Assad warf US-Präsident George W. Bush eine „Präventivkrieg“-Strategie vor, beschimpfte die libanesische Regierung und schloss einen Frieden mit dem „Feind“ Israel aus.

Steinmeier blieb nichts anderes übrig als ein Rückzug. Die Rede Assads, erklärte er auf dem Flughafen in Amman, „ist ein negativer Beitrag, der den gegenwärtigen Herausforderungen und Chancen im Nahen Osten in keiner Weise gerecht wird“ – und flog nach Saudi-Arabien weiter. Dabei sollte gerade Syrien die wichtigste Station von Steinmeiers dritter Nahostreise werden. Seit Wochen ist der deutsche Außenminister dabei, Syrien für eine konstruktive Rolle im Nahen Osten zu gewinnen und die Schutzmacht der Hisbollah in den diplomatischen Prozess einzubinden – offenbar vergeblich. Welche Auswirkungen dieses syrische Störfeuer für den Waffenstillstand im Libanon und damit auch für die UN-Friedenstruppe hat, ist nur schwer vorherzusagen.

Dabei ist die Entscheidung darüber, dass die Bundeswehr sich grundsätzlich an dieser UN-Mission beteiligt, in Berlin bereits getroffen worden. Das wurde der taz am Dienstag aus Regierungskreisen in Berlin bestätigt. Offen sei lediglich der genaue Auftrag für die deutschen Soldaten und der Umfang ihres Engagements.

Dieses grundsätzliche Einverständnis sollen die Koalitionsspitzen bereits Ende voriger Woche hergestellt haben. Für diese Information spricht, dass SPD-Chef Kurt Beck bereits am Sonntag im Sommerinterview der ARD einen Einsatz der Bundeswehr im Nahen Osten grundsätzlich befürwortet und dabei auch mögliche Einsatzfelder der Bundeswehr genannt hat. Das dürfte der außenpolitisch unerfahrene Beck nicht ohne Absprache mit der Kanzlerin und dem Außenminister getan haben.

Nach bisherigen Planungen sollen den Vereinten Nationen offenbar keine deutschen Kampftruppen angeboten werden. Angela Merkel hat bereits eine rote Linie für den Einsatz gezogen: Kein deutscher Soldat soll auf einen israelischen Soldaten schießen. Als mögliche deutsche Aufgaben innerhalb der UN-Mission werden vor allem zwei Varianten immer wieder genannt: Zum einen könnte die Marine zur Kontrolle der Seewege vor der Küste Libanons und Israels eingesetzt werden. Die deutsche Marine leistet im Mittelmeer bereits seit Jahren ihren Dienst – im Rahmen der Nato-Operation „Active Endeavour“. Diese Einheiten könnten verschoben oder ihr Einsatzgebiet könnte erweitert werden. Diskutiert wird auch deren Unterstützung durch Schnellboote, um Waffenlieferungen an die radikal-islamistische Hisbollah zu verhindern. Zum anderen wird ein Einsatz der dem Bundesinnenministerium unterstellten Bundespolizei im Grenzgebiet zwischen Syrien und dem Libanon erwogen. Ins Gespräch gebracht wird vereinzelt auch der Einsatz des Technischen Hilfswerkes, um die zerstörte Infrastruktur im Südlibanon wieder herzustellen. Einen offiziellen Beschluss dazu wird das Kabinett frühestens Mittwoch nächster Woche fassen.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat gestern jedoch angekündigt, schon bei der UN-Truppenstellerkonferenz am Donnerstag in New York Vorschläge für die deutsche Beteiligung an der Nahost-Friedenstruppe unterbreiten zu wollen.