Jetzt ist alles egal

LIEBESKUMMER Tobias Oellig, 32, freier Autor in Tübingen, hat es erwischt. Sie will nicht mehr, er leidet. Am Ende lernt er Schlagzeug spielen. Krachmachen hilft

Eigentlich konnten wir kaum miteinander reden. Du konntest kaum Deutsch. Ich kein Spanisch. Die anderen sagen: Kann nicht klappen. Aber wir: total verliebt.

Manchmal guckten wir uns still an, zwanzig Minuten lang. Einfach so, direkt in die Augen. Sex war auch gut, ja. Aber das: war hyperorgasmisch. Die anderen: einfach keine Ahnung. Und wir: anderthalb Jahre zusammen.

Aber dann: Baammm. Es ist aus. Schluss. Schluss. Du: Postest bald deinen Neuen auf Facebook. Die anderen: Daumen hoch. Mir: gehen alle Rollläden runter. Werde halb bekloppt im Kummerdunkeln.

Akute Schmerzphase: Überall Aua. Schreibe den Schmerz auf, spreche ihn auf Tonband, schlafe mit ihm ein und wache mit ihm auf.

Warum-Phase: Suche überall nach Antworten. Drucke unseren kompletten E-Mail-Verkehr aus. Ringbindung im Copyshop. Ich brauche jetzt Struktur, genau. Und Ordnung: Liegengebliebenes und Liebesbeweise in einen Karton. Aufkleber drauf: Achtung, Achtung, Ausrufezeichen, Ausrufezeichen. Zack! Ab in den Keller.

Als gar nix mehr geht: Abhau-Phase. Dahin, wo du nicht bist. Nach Indien. Dem Schmerz davonfliegen, ihn wegmeditieren, klarer Fall. Klappt kurz.

Dann doch: anrufen. Scheiß auf die Transzendenz, Rückfall-Phase! Es gibt jetzt nichts Wichtigeres, als deine Stimme zu hören. „Hallo?“ Nur kurz, egal was sie sagt. „Hallo?!“ Egal wie abgekühlt sie ist. „Hallo?“ „Hallo? Ich versteh dich nicht, ich bin beim Friseur. Hallo?“ Du beim Friseur, ich beim Guru. Total beknackt. Die Verbindung bricht ab.

Zurück in Deutschland: Es ist so schlimm wie eh. Jetzt-ist-alles-egal-Phase. Kurz darauf: Rollladen-rauf-Phase. Fange an, Schlagzeug zu spielen. Muss irgendwo draufhauen. Nach einem Jahr trommeln: endet endloses Herzweh. Ab und zu aber: hole ich die Kiste aus dem Keller und rieche an deinem Shirt.