das wichtigste
: Fliehende Zielscheiben

Augenzeugen aus Südlibanon berichten medico von gezieltem Beschuss von Zivilisten mit weißen Fahnen

BERLIN taz ■ Flüchtlinge aus den südlibanesischen Dörfern Ait al-Scharab und Yarin haben medico-MitarbeiterInnen von gezieltem Beschuss durch israelische Helikopter berichtet. „Die Überlebenden erzählten mir, dass sie fortgesetzt beschossen wurden, obwohl sie weiße Fahnen trugen. Der Beschuss endete erst, als es ihnen gelang, sich einem von Journalisten begleiteten Flüchtlingskonvoi anzuschließen“, berichtet medico-Mitarbeiter Martin Glasenapp. „Seit Israel die ganze Region südlich des Litani zum Operationsgebiet macht und systematisch auch die Straßen und Wege zerstört, wird die Flucht aus dem Kampfgebiet immer schwerer.“

Das medico-Team, das People’s Aid for Relief and Development (Pard) beim Verteilen von Hygienekits und Medikamenten unterstützt, traf gestern in Saida, der Stadt zwischen Tyros und Beirut, ein. „Allein in Saida sind 70.000 Flüchtlinge gestrandet. Sie suchen Schutz bei Verwandten, campieren in Parks und völlig überfüllten öffentlichen Gebäuden. Palästinensische Flüchtlinge öffnen ihre Lager für Libanesen“, so Glasenapp.

Nach CNN-Berichten gibt es Orte zwischen dem Litani-Fluss und der Grenze zu Israel, wohin bisher noch kein Helfer der UN oder des Roten Halbmonds gelangte. Die Menschen flehten die Reporter um Hilfe an. In Aitaroun verharrten viele tagelang in ihren Häusern. Eine Frau berichtet weinend, sie habe fünf Tage lang in ihrem zerbombten Haus an der Seite ihrer toten Schwester gesessen. Sie haben alle nur noch einen Wunsch: raus und nach Beirut.

Nach Ansicht von Glasenapp reicht ein „humanitärer Korridor“ für die im Südlibanon gefangenen Menschen nicht aus: „Die Leute sind hier zur Geisel des Bombenkriegs geworden. Sie brauchen sofort eine bedingungslose Waffenruhe.“