Baumhaus gegen Autobahn

Noch trotzen ein Baumhaus und ein Grundstücksbesitzer der geplanten Verlängerung der A 100 in Richtung Innenstadt – doch nun droht täglich die Räumung

■ Seit einem Jahr halten stadtpolitische AktivistInnen zusammen mit Robin Wood eine Pappel mit einem Baumhaus auf der geplanten A-100-Trasse besetzt, nun droht täglich die Räumung.

Protest-Aktion

Montag, 3. Februar, ab 11 Uhr, auf dem Gelände der besetzten Pappel, Neuköllnische Allee 33 Ecke Grenzallee in Berlin-Neukölln.

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Sanft weht das weiße Transparent im eisigen Januarwind. „Stopp A 100“ steht in roten Großbuchstaben darauf geschrieben. Angebracht ist es am Protest-Baumhaus der A-100-Gegner_innen auf einem Grundstück an der Grenzallee in Neukölln. Vor einem Jahr hatten Umweltaktivist_innen dort eine Pappel besetzt, um gegen den Weiterbau der A 100 und die damit verbundene Rodung von Bäumen zu protestieren. War es anfänglich nur eine Plattform im Baum mit einem Zelt darunter, ist dort inzwischen ein wetterfestes Holzhäuschen und ein Infopunkt entstanden. Viermal wurde seit der Besetzung versucht, das Haus zu räumen und die umliegenden Bäume zu fällen. Viermal erfolglos.

Jetzt könnte es aber Ernst werden. Der Senat benötigt das Grundstück, um die Bauarbeiten für die Verlängerung der A 100 fortsetzen zu können. Bis 2022 soll das 3,2 Kilometer lange Autobahnstück zwischen Autobahndreieck Neukölln und dem Treptower Park fertiggestellt sein. Nachdem im Sommer 2013 der Umbau der Anschlussstelle Grenzallee vollzogen worden ist, sollen ab Montag planmäßig zur Vorbereitung auf den Baubeginn die ersten Umleitungsstrecken am Tunnel Grenzallee eingerichtet werden, wie Daniela Augenstein, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, mitteilte. Damit es aber losgehen kann, müssen auf einzelnen Flächen noch Bäume gefällt und Gebäude abgerissen werden.

Auch auf dem Grundstück, auf dem sich das Baumhaus befindet, sollen die Bäume und ein Lagerhaus weg. Enteignet wurde das Grundstück bereits. Der jetzige Eigentümer hatte dagegen Widerspruch eingelegt. Nun hat das Oberverwaltungsgericht bereits am Dienstag, den 28. Januar entschieden, dass der Senat auf das Grundstück kann. „Besitzeinweisung“ nennt man das. Zuvor hatte Daniela Augenstein klargestellt, dass der Senat sobald wie möglich zur Tat schreiten werde, wenn sich das Gericht zu ihren Gunsten entscheide. Das Baumhaus könnte nun also geräumt werden. Das Aktionsbündnis „A 100 stoppen!“ will dagegen protestieren. Für Montag, den 3. Februar wird zu einer Kundgebung mobilisiert. „Wir hoffen auf viel Unterstützung. Es gilt ein kraftvolles Zeichen gegen die A-100-Verlängerung zu setzen“, sagt Sylvester, der das Baumhaus mitbesetzt hat.

Die Aktivist_innen protestieren seit mehreren Jahren gegen das Großprojekt. Ein wichtiger Kritikpunkt sind die Kosten. Die A 100 gilt als die teuerste Autobahn der Geschichte. Insgesamt soll das erste Teilstück 473 Millionen Euro kosten. Das sind knapp 148.000 Euro pro Meter. Die Kosten werden überwiegend vom Bund getragen, der der Bauherr des Projektes ist. Die 473 Millionen Euro sind aber nur ein Teil der Gesamtkosten: Für den zweiten, rund 4,2 Kilometer langen Abschnitt zwischen Treptower Park und Frankfurter Allee hat der Senat bisher 531,2 Millionen Euro veranschlagt. Die hohen Kosten für beide Teilstücke rühren daher, dass die neue Autobahn größtenteils unterirdisch verlaufen soll.

Aber auch die Folgen für die Anwohner_innen und die Umwelt werden von Aktivist_innen-Seite kritisiert. Bewohner_innen von zwei Häusern an der Beermannstraße verlieren ihr zu Hause; Bäume müssen gefällt und Kleingartenanlagen abgerissen werden. „Das ist die falsche Stadtpolitik“, sagt Sylvester. Statt auf den Autoverkehr zu setzen, sollte besser der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Wie geht es aber weiter, wenn das Baumhaus geräumt wird? Fällt dann die letzte Bastion? Mitnichten, sagt Tobias Trommer vom Aktionsbündnis gegen die A100. Der Protest werde weitergehen. Das Schwierige an dem Protest sei, dass er sich über einen so langen Zeitraum zieht. Deshalb wollen die Aktivist_innen versuchen, mit Einzelaktionen gezielt gegen den Bau zu protestieren. Damit meint Trommer zum Beispiel die Baumbesetzung oder eine Satireaktion vor dem Roten Rathaus vergangenen Sommer kurz vor dem ersten Spatenstich. Darüber hinaus soll versucht werden, das Thema in andere Debatten einzubringen. Zum Beispiel um den Fluglärm oder die steigenden Mieten. Aktuell sind keine weiteren konkreten Aktionen geplant, sollen aber folgen. Priorität habe jetzt neben der Unterstützung der gekündigten Mieter_innen und Kleingärtner_innen aus der Beermannstraße der Widerstand rund um das Baumhaus. „Es ist wichtig, den Protest aufrechtzuerhalten“, mahnt Trommer.

LUKAS DUBRO