Soldaten dringend gesucht

SOMALIA Um die Al-Schabaab-Miliz zu bekämpfen, müssten die Friedenstruppen drastisch aufgestockt werden. Experten fordern bis zu 80.000 Mann

KAMPALA taz | Keine Frage: Uganda wurde als Anschlagsziel der Al-Schabaab-Miliz auserkoren, weil das ostafrikanische Land den Löwenanteil der AU-Friedenstruppen (Amisom) in Mogadischu stellt. In den Augen der Islamisten leistet Uganda hier einen Söldnerdienst für den Erzfeind USA. Uganda unterhält loyale Beziehungen zu Amerika. Die amerikanische Sicherheitsfirma DynCorp versorgt die Ugander und Burunder in Somalia mit der notwendigen Logistik.

Derzeit stehen sich die Amisom-Truppen und die Al-Schabaab-Miliz im Häuserkampf in Mogadischu gegenüber. Deswegen hat Ugandas Präsident Yoweri Museveni am Tag nach den Terroranschlägen großspurig verkündet: Er verfolge das Ziel, die Amisom-Truppen in Somalia auf 20.000 aufzustocken. Derzeit stehen fast 6.000 ugandische und burundische Soldaten in Mogadischu. Bereits 2007 sah das Mandat für Somalia vor, die Friedenstruppen um weitere 2.000 auf über 8000 aufzustocken. Doch bislang sind keine zusätzlichen Soldaten eingetroffen. Nüchtern betrachtet, muss man feststellen: Es liegt kaum im Interesse eines afrikanischen Landes, seine Soldaten in den Häuserkampf nach Mogadischu zu schicken. Man sieht es am Beispiel Ugandas: Fast wöchentlich schickt Amisom Särge mit Gefallenen nach Kampala zurück. Nahezu täglich sind die Soldaten in Gefechte verwickelt. Immer wieder beschießt Amisom Wohnviertel mit Mörser. Eine Demonstration jüngst vor dem Amisom-Hauptquartier hat gezeigt: Die AU-Truppen haben ihre Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung schon längst verspielt. Ghana hat kürzlich einen General nach Mogadischu entsandt, um sich die Lage vor Ort anzusehen. Er kam ernüchtert zurück: Derzeit gebe es dort keinen Frieden, den man sichern könne.„Wir brauchen die Unterstützung der ganzen UNO“, sagt Kwesi Quartey, Ghanas Abgesandter zur AU.

Die Finanzierung der Amisom-Truppen ist ein Dauerproblem: Ugandische Soldaten in Somalia wurden mitunter monatelang nicht bezahlt. Im Vergleich zu UN-Missionen wie der im Kongo oder Sudan ist der monatliche Sold pro Kopf mit 750 US Dollar relativ gering – davon streicht sich die ugandische Regierung 200 Dollar pro Soldat ein, um auch einen Teil abzubekommen. Ugandas Minister für regionale Kooperation, Eriya Kategeya, fordert, die Amisom-Finanzierung müsse dringend überdacht werden. Für eine Truppenstärke von 20.000 reichen die Ressourcen nicht. Das Ziel ist: Während die Amisom die al-Schabaab im Schach hält, werden in Uganda somalische Truppen und in Äthiopien somalische Polizeikräfte trainiert, um sie für einen Einsatz an der Heimatfront fit zu machen. Die von der EU ausgebildeten 2.000 Soldaten sind jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der somalische Außenminister Jusuf Hassan Ibrahim sagt gegenüber der taz: „Wir benötigen mindestens 8.000 Soldaten, um al-Schabaab in den Griff zu bekommen.“ Auch das ist vermutlich zu wenig. Militärexperten sprechen realistisch von fast 60.000 bis 80.000 Mann, um ganz Somalia unter Kontrolle zu bekommen.

SIMONE SCHLINDWEIN