Das Ende der Solidarität
: Kommentar von Ulrike Herrmann

Großaktionär müsste man sein. Noch ist zwar unklar, wie die Gesundheitsreform und die neue Unternehmensteuer im Detail aussehen werden. Doch wer davon profitieren wird, steht schon fest: Es sind die Vermögenden.

Bei der Unternehmensteuerreform wird dies sogar offen zugegeben: Sie soll die Konzerne um 5 bis 8 Milliarden Euro jährlich entlasten – sagt Finanzminister Steinbrück. Es gibt jedoch sehr kundige Skeptiker in der SPD, die davon ausgehen, dass das Steuergeschenk für die Betriebe noch viel üppiger ausfallen dürfte.

Dieser lockere Umgang mit den Milliarden erstaunt, denn für Hartz-IV-Empfänger ist jeder Euro zu viel. Der Regierungsdiskurs verläuft schizophren: Bei den Arbeitslosen muss erneut 1 Milliarde gespart werden, sonst droht angeblich der Staatsbankrott. Doch bei den Steuergeschenken für die Firmen agiert der Finanzminister, als würde er das Geld aus der Portokasse entnehmen.

Mit geradezu atemberaubender Konsequenz setzt die große Koalition die Fehler von Rot-Grün fort. Auch dort glaubte man felsenfest an das Paradox, dass Steuersenkungen zu erhöhten Steuereinnahmen führen. Leider fehlten am Ende 50 Milliarden Euro jährlich. Steinbrück wird dieses Minus nun weiter steigern.

Das ist kein läppisches Haushaltsproblem, sondern bedeutet das Ende einer solidarischen Gesellschaft. So trivial es ist: Irgendjemand muss die komplexen Staatsaufgaben finanzieren. Wenn Unternehmen und Spitzenverdiener entlastet werden, dann müssen eben die Konsumenten ran, die nächstes Jahr eine erhöhte Mehrwertsteuer zu ertragen haben.

Konsequent wird von unten nach oben verteilt. Dazu gehört auch, dass die Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse steigen sollen und gleichzeitig der Steuerzuschuss gekappt wurde. Übersetzt heißt das: Die Klein- und Mittelverdiener werden noch stärker herangezogen, um die medizinische Versorgung für Arme und Arbeitslose zu finanzieren. Denn Privatkassen drücken sich um diese Klientel.

Die Vermögenden bleiben unter sich. Das versuchen sie immer. Aber es bleibt ein Rätsel, warum ausgerechnet die SPD diesen Trend verstärkt.