„Bremen is beautiful“

STAATSTHEORIE Leopold Kohr, der 1994 verstorbene Vordenker des „Small is beautiful“, ist in Bremen

■ ist als Vertragsbedienstester Beauftragter für kulturelle Sonderprojekte des Landes Salzburg

taz: Sie haben „Das menschliche Maß“, eine Ausstellung über den Wirtschaftsphilosophen Leopold Kohr, nach Bremen gebracht. Wie haben Sie Herrn Kohr kennen gelernt?

Alfred Winter: Als ich 1980 die große Keltenausstellung in Hallein bei Salzburg vorbereitete, besuchte mich ein freundlicher älterer Herr und bot an, Kontakte ins traditionell keltische Wales herzustellen – unter anderem zum Erzdruiden, der dann tatsächlich zusammen mit 7.000 weiteren Walisern nach Hallein kam. Die Ausstellung wurde so erfolgreich, dass sie sogar einen satten Gewinn erzielte.

Und was hat Herr Kohr mit Wales zu tun?

Er hatte eine Professur an der University of Wales und unterstützte die walisischen Unabhängigkeitsbemühungen. Sie entsprachen seiner Theorie, das zu große Einheiten, auch Staatsgebilde, große Nachteile für die Menschen mit sich bringen. Zuvor hatte er die 6.500 Menschen zählende Bevölkerung der Karibikinsel Anguilla bei ihren Bemühungen unterstützt, selbstständig zu werden und dabei auf den Bau von Großhotels und die geplante Basis der Onassis-Flotte zu verzichten.

1983 bekam Kohr unter anderem für sein Buch „The Overdeveloped Nations“ den alternativen Nobelpreis. Wäre ihm Bremen mit seinen 675.000 Einwohner nicht ein bereits zu großer Stadtstaat?

Um die kulturellen Bedürfnisse ihrer Mitglieder erfüllen zu können, hielt Kohrs Gesellschaften mit 20.000 bis 100.000 Menschen für ausreichend. Aber durch die technischen Möglichkeiten sei auch eine Staatsgröße mit maximal 15 Millionen Einwohnern vorstellbar. Ich bin mir sicher, dass ihm Bremen gut gefallen hätte. Er war zwar selbst nie in der Stadt, aber jetzt wollen wir wenigstens seine Ideen hier her bringen.

INTERVIEW: HENNING BLEYL

Heute um 20 Uhr gibt es im Presse-Club im Schnoor ein „akademisches Wirtshaus“ mit der Gruppe Querfeldein, bei dem aus Kohrs Texten zitiert wird. Eine Kohr-Ausstellung im Haus der Wissenschaft in der Sandstraße ist bis zum 4. 9. zu sehen (Bericht folgt)