Bei Verurteilung Rausschmiss

SCHEINEHE-VERFAHREN Hamburgs SPD bereitet die Trennung von angeklagtem Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik vor. Eine Satzungsänderung soll seinen Ausschluss aus der Fraktion ermöglichen

Die SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft bereitet offenbar den Rauswurf ihres Abgeordneten Bülent Ciftlik vor. Gestern Abend beschloss der Vorstand eine Geschäftsordnungsänderung, die es der Fraktion zukünftig erlauben würde, „in begründeten Fällen“ einen der ihren mit qualifizierter Mehrheit aus der Fraktion auszuschließen. Kommenden Montag soll die Fraktion den Beschluss absegnen. Bislang war ein Ausscheiden nur durch die Rückgabe des Mandats möglich – oder das Ableben des Abgeordneten.

Hintergrund der Debatte ist der Prozess gegen den einstigen Hoffnungsträger der Elb-Sozis, Bülent Ciftlik. Der Sohn türkischer Einwanderer steht derzeit vor einem Hamburger Amtsgericht unter Anklage: Er soll eine Scheinehe zwischen einer Deutschen und einem Türken eingefädelt haben. Ciftliks politischer Ziehvater, der Hamburger SPD-Chef Olaf Scholz, hatte im April klar gestellt, dass Ciftlik im Falle einer Verurteilung keine Zukunft mehr habe – weder in der Fraktion noch in der Partei.

Derzeit ruht das Mandat des 38-Jährigen. Zwar wird aus Fraktionskreisen ein Zusammenhang zwischen der Sache Ciftlik und dem Änderungsantrag offiziell nicht bestätigt – hinter vorgehaltener Hand aber doch von einer „Lex Ciftlik“ gesprochen.

Während der Angeklagte auch am gestrigen Prozesstag die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen vehement zurückwies, hat die beschuldigte Ehefrau – eine frühere Freundin Ciftliks – bereits ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Darin belastet sie den Politiker schwer, Drahtzieher der Ehe gewesen zu sein. Diese habe ausschließlich dazu gedient, dem türkischen Ehemann einen Aufenthaltstitel zu besorgen.

Am Montag will das Gericht darüber entscheiden, ob es die Akten des eingestellten Verfahrens gegen Ciftliks Fraktionskollegen Metin Hakverdi hinzuzieht. Dieser, selbst Rechtsanwalt, war von der Staatsanwaltschaft beschuldigt worden, das Ehepaar bei der juristischen Absicherung beraten zu haben. Auch Hakverdi hatte deshalb sein Abgeordnetenmandat ruhen lassen müssen. MARCO CARINI