Ole von Berlusconi

CDU legt Gesetzesdrucksache für neues Hamburger Wahlrecht vor. Änderungen sollen noch vor der Sommerpause durchs Parlament gepeitscht werden. SPD und GAL kündigen Widerstand an

Von Marco Carini

Was lange währt, wird endlich schlecht. Die CDU-Fraktion hat jetzt die förmliche Drucksache für ein Bürgerschafts- und Bezirkswahlrecht vorgelegt, mit dem das 2004 per Volksentscheid eingeführte Hamburger Wahlrecht ausgehebelt werden soll. Bereits am 31. Mai soll der Gesetzentwurf in erster Lesung in der Bürgerschaft beraten und noch vor der Sommerpause verabschiedet werden.

Auf 13 eng bedruckten Seiten legt die CDU mehr als 70 Abänderungsvorschläge vor. Begründet wird das umfangreiche Korrektur-Paket damit, dass es der Fraktion darum gehe, dem „Ergebnis des Volksentscheids … so weit wie möglich zu entsprechen“. Das Wahlrecht werde „nur so weit“ geändert, „wie dies zum Erhalt eines handlungsfähigen Parlaments unerlässlich erscheint“.

Der SPD-Innenexperte Andreas Dressel ist vor allem „von der Unverfrorenheit dieser Begründung“ überrascht. Es sei „scheinheilig“, wenn die Partei so tue, als wolle sie „die Handlungsfähigkeit des Parlaments retten, wo es nur um den Erhalt der Kungelstrukturen in der CDU“ gehe.

Der GAL-Verfassungsexperte Farid Müller beklagt hingegen, dass in dem nun vorliegenden Entwurf, „die Hürden, mit denen die Wähler die von den Parteien vorgeschlagene Rangfolge ihrer Kandidaten verändern können, noch höher liegen, als es die CDU bislang angekündigt hat“.

Zudem enthalte der Entwurf „dreiste Lügen“. So begründet die CDU einige „Vereinfachungen“ der geltenden Regelung damit, dass ein „vergleichbar kompliziertes Wahlrecht“ wie in Hamburg in Frankfurt am Main zu einer Verdreifachung der ungültigen Stimmen geführt habe. Müller: „Genau diese Behauptung hat der Hamburger Verfassungsausschuss durch den Wahlleiter prüfen lassen, mit dem Ergebnis, dass die Zahl der ungültigen Stimmen in Frankfurt nicht auf der Wahlrechtsänderung beruhte.“ Müller: „Die CDU behauptet das wider besseren Wissens.“

Im Fokus der Kritik von SPD und GAL steht aber die so genannte „Bürgermeister-Klausel“, welche die Union in das künftige Wahlrecht hineinmogeln will. Danach darf die Wahl-Mehrheit einer Partei nicht durch Überhangmandate anderer Gruppierungen gefährdet werden: Bringt eine kleine Partei über die Wahlkreise mehr Kandidaten in die Bürgerschaft, als ihr aufgrund ihrer Gesamtstimmenzahl zustehen, erhält eine Partei mit absoluter Mehrheit so viele Ausgleichsmandate in der Bürgerschaft, bis ihre Mehrheit wieder hergestellt ist.

„So eine Mehrheits-Sicherungsklausel gibt es weder im Bund noch in irgendeinem Bundesland“, klagt Müller. Sie sei eine eindeutige „Wahlrechtsmanipulation“. Dass die Klausel nun von der Partei, die über die absolute Mehrheit verfüge, „im Alleingang durchgesetzt“ werde, hat für Müller „eindeutig ein Geschmäckle“. Dressel hält die „Lex Berlusconi“ gar für „verfassungsrechtlich bedenklich“.

Gegen ein schnelles Durchstimmen des neuen Wahlrechts noch vor der Sommerpause kündigen SPD und GAL denn auch „entschiedenen Widerstand“ an, mit „allen Mitteln, die die Geschäftsordnung bietet“. Der gelernte Jurist Dressel bemüht gar militärische Sprachbilder, um sich auf die parlamentarische Debatte einzustimmen. Er erwarte, so Dressel, eine regelrechte „Schlussschlacht in der Bürgerschaft“.