„Das ist kein Grabstein“

GEDENKEN In Bremen werden neue „Stolpersteine“ für Opfer des Nationalsozialismus verlegt

■ ist Projektleiterin der „Stolpersteine“ bei der Landeszentrale für politische Bildung.

taz: Frau Johr, heute werden 17 neue „Stolpersteine“ allein bei einem einzigen Haus verlegt...

Barbara Johr: Es ist ein so genanntes Judenhaus, was Hersch Oliver gehörte, der dort mit Ehefrau Margin und Sohn Henry wohnte. Sie waren polnischer Herkunft, aber ganz lange schon in Bremen ansässig, hatten hier ein Textilwarengeschäft – das waren eigentlich Bremer Bürger. Der Vater kam zunächst nach Buchenwald, die Mutter starb in Auschwitz. Der Sohn hat überlebt, er kam nach Verbüßung einer Haft wegen Hochverrats 14 Tage vor Ausbruch des Krieges noch nach England. Er gehörte einer Gruppe der Arbeiterjugend an, der sich auch Gustav Böhrnsen, also der Vater des jetzigen Bürgermeisters angeschlossen hatte.

Das sind aber nicht die einzigen Verlegungen heute...

Es werden heute und morgen insgesamt 34 Stolpersteine in der ganzen Stadt verlegt. Insgesamt gibt es dann 434 in Bremen. Und über 1.500 Opfer der Nazi-Gewaltherrschaft.

Verschwindet da der und die Einzelne nicht wieder?

Ich sehe das nicht als Problem, weil wir eine umfangreiche Internetpräsenz mit Suchmaschine aufbauen, zudem eine Publikationsreihe, nach Stadtteilen sortiert. Auf jeden Fall ist es sehr viel individueller als ein Mahnmal mit unendlich vielen Namen.

Was sagen sie zu dem Vorwurf, dass hier Menschen mit Füßen getreten werden?

Das ist kein Grabstein, sondern ein Gedenkstein. Ich verstehe aber jeden, der da ambivalente Gefühle hat.

Gibt es denn genügend Paten?

Am Anfang schon, jetzt könnten wir wieder welche gebrauchen. INTERVIEW: JAN ZIER

14 Uhr, Daniel-von-Büren-Str. 54