DIE KLEINE WORTKUNDE

Zugausfälle, Papstrücktritt, Wintereinbruch – wenn solche Ereignisse die Welt erschüttern, muss im Ersten der Spielfilm einem „Brennpunkt“ weichen. Normalerweise ist auf die ARD Verlass, doch dass die NSA das Mobiltelefon der Kanzlerin abhört, löste am Donnerstag keinen „Brennpunkt“-Reflex aus. ARD-Programmdirektor Volker Herres hatte die Sendung gekippt, da dies angesichts der Berichterstattung in der „Tagesschau“ keinen Erkenntnisgewinn gebracht hätte, so die ARD.

Ein „Brennpunkt“ (Treffpunkt gebündelter Lichtstrahlen) setzt sich aus „brennen“ (entflammen, Zuneigung empfinden) und „Punkt“ (etwas in jeder Richtung Kleines, Maßeinheit) zusammen. „Brennen“ stammt vom althochdeutschen „prennan“ (entflammen, leuchten) ab, „Punkt“ geht auf das lateinische „punctum“ (Einstich, Abschnitt) zurück.

Der ARD-„Brennpunkt“ bereitet die Aufreger des Tages noch einmal für die ganze Familie auf – ein Aufreger war das Thema aber nicht, denn dass auch Merkel abgehorcht wird, konnte man sich denken. Dass die Programmdirektoren nicht für das Thema brennen, ist auch nicht verwunderlich. Der Aussage, dass ein Brennpunkt keinen Erkenntnisgewinn gebracht hätte, kann man ohnehin nicht widersprechen, denn wenn brennende Themen auf den Punkt, also den kleinsten Nenner gebracht werden sollen, bleibt nur ein kleiner Kokelfleck im Empörungspotenzial der Zuschauer zurück. Hier braucht es einen Flächenbrand, doch den wird auch kein Brennpunkt auslösen. ERIK WENK