Vattenfall schreibt sich selbst seine Jubelartikel

WERBUNG Zeitungen veröffentlichen Anzeigentexte des Stromkonzerns über das Berliner Stromnetz

Vattenfall kämpft um sein Image und seine Stromnetze. Nachdem sich vor Kurzem bereits die Bürger von Hamburg für einen Rückkauf des Netzes durch die Stadt ausgesprochen haben, steht am 3. November ein ähnlicher Volksentscheid in Berlin an. Nur zwölf Minuten im Jahr seien die Einwohner der Hauptstadt ohne Strom, heißt es in einem Text auf der Webseite der Berliner Zeitung. „Dass die meisten davon nichts mitbekommen, liegt auch an der Umsicht der Mitarbeiter in der Netzleitstelle.“

Was wie ein gewöhnlicher redaktioneller Text aussieht, ist in Wirklichkeit eine Anzeige. Darauf deutet der ungewöhnliche Autor hin: Vattenfall GmbH. Dass es sich um Werbung handelt, erfährt der Leser nicht. Mehrere ähnliche Texte hat zuletzt auch die B. Z. veröffentlicht. Dort heißen die Beiträge „Sonderveröffentlichung“ und es ist nicht erkennbar, dass es um bezahlte Werbung geht.

Erst kürzlich hatte Vattenfall sich in Hamburg Ärger mit der Bundesnetzagentur eingehandelt, weil der Konzern seine Geschäftsbereiche Netzbetrieb und Stromverkauf vermischte. Die aktuellen Artikel allerdings findet die Netzagentur nicht so kritisch. „Nach erster Einschätzung der zuständigen Beschlusskammer der Bundesnetzagentur sind die Texte nicht zu beanstanden“, erklärte deren Pressesprecherin auf taz-Anfrage. Man werde aber eine genauere Prüfung durchführen.

Auch bei der Berliner Zeitung sieht man in der Vermischung von Werbung und Inhalt kein Problem. „Der Text erschien in einem Spezial der Berliner Zeitung als Advertorial – und war auch so als Anzeige gekennzeichnet, genauso wie er übrigens auf unserer Website als Anzeige gekennzeichnet ist“, sagte der stellvertretende Chefredakteur Robert von Heusinger. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Zwar ist auf einer Übersichtswebseite der Berliner Zeitung der Text tatsächlich als Anzeige gekennzeichnet. Der eigentliche Text ist jedoch von einem redaktionellen Beitrag nicht zu unterscheiden. HANNO BÖCK