Spielball der Politik

FLÜCHTLINGE Vor Wintereinbruch spitzt sich die Situation der Lampedusa-Flüchtlinge in der St. Pauli-Kirche zu. Deren Pastor versucht weiterhin, die Genehmigung für beheizte Wohncontainer zu erhalten

Die Situation für die 300 gestrandeten sogenannten „Lampedusa Flüchtlinge“ spitzt sich wieder zu. Wenige Wochen vor Wintereinbruch ist unklar, ob die seit Juni in der St. Pauli-Kirche campierenden 80 Afrikaner den Winter dort ohne gesundheitliche Schäden überstehen können, denn das Kirchenschiff ist unbeheizt. Der Pastor der St. Pauli-Kirche, Sieghard Wilm, hatte vorgeschlagen, auf Kosten der Kirche beheizte Wohncontainer aufzustellen. Das hatte Innensenator Michael Neumann (SPD) am Rande einer Talkshow jedoch abgelehnt: In Hamburg entscheide nur einer und das sei Bürgermeister Olaf Scholz. Und er wolle die Container nicht.

St. Pauli-Pastor Wilm hat nun offiziell einen Bauantrag zur Aufstellung von Containern am Pinnasberg an die Bezirksversammlung Altona gestellt, der kommende Woche im Bauausschuss beraten wird. „Wenn die SPD- Fraktion das Prinzip Humanität ernst nimmt, muss sie Courage gegenüber Scholz beweisen“, sagt der Ausschussvorsitzende Robert Jarowoy (Linkspartei).

Interessant dürfte das Verhalten der SPD-Fraktion sein, die in der vorigen Woche einen Eklat ausgelöst hatte, weil sie die Bürgerkriegsflüchtlinge nur ohne persönliche Registrierung aufnehmen wollte. Die sollte dazu dienen, den Aufenthaltsstatus der Flüchtlinge zu prüfen – und sie gegebenenfalls abzuschieben. Daraufhin war die Versammlung abgebrochen worden. Vermittlungen der Nordkirche, die drei exemplarische Bleiberechtsanträge mit persönlichen Schicksalen vorgelegt hatte, sind von der Ausländerbehörde verworfen worden, obwohl der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), bei einem Besuch in der St. Pauli-Kirche eine Gruppen-Lösung nach dem Aufenthaltsgesetz für möglich hielt.

Der Sprecher der Lampedusa-Gruppe, Affo Tchassei, appellierte am Dienstag in einer Erklärung an den SPD-Senat: „Wir bitten nicht um viel. Wir wollen nur zwei Jahre nach dem Nato-Krieg in Libyen wieder normal leben.“

Weiter heißt es darin: „Falls man es vergessen haben sollte: Wir sind die unschuldigen Zivilisten, die Deutschland als Kriegspartei vorgegeben hat, schützen zu wollen.“ Bevor die Nato-Bomben ihr altes Leben zerstörten, hätten die Menschen nicht die Absicht gehabt, ihre Heimat zu verlassen. Jetzt erwarte man in Europa Humanität.  MAGDA SCHNEIDER