„Wir sollten gute Gastgeber sein“

Innenminister Wolfgang Schäuble findet nichts dabei, wenn Irans Präsident zur WM käme

Für den Innenminister war die Sache klar. „Er kann natürlich zu den Spielen kommen“, sagte Wolfgang Schäuble am Wochenende. „Mein Rat ist, wir sollten gute Gastgeber sein.“

Der Mann, den Schäuble so arglos empfangen will, ist der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Der Mann, der Ende vorigen Jahres gesagt hatte: „Einige europäische Länder pochen darauf, dass Hitler Millionen unschuldiger Juden in Öfen getötet hat.“ Und dann: „Wir akzeptieren diese Behauptung nicht.“ Der kurz zuvor gefordert hatte: „Israel muss von der Landkarte getilgt werden.“ Der den Europäern empfohlen hatte, sie sollten doch lieber einen jüdischen Staat auf ihrem eigenen Territorium einrichten: „Wenn die Europäer ehrlich sind, dann sollten sie einige ihrer Gebiete in Europa – zum Beispiel in Deutschland, Österreich oder anderen Ländern – den Zionisten geben, und dann können die Zionisten ihren Staat in Europa bilden. Bieten sie einen Teil Europas an, und wir werden das unterstützen.“

All diese Zitate kennt natürlich auch Schäuble, der am Wochenende auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Bad Boll zum Thema „Fußball unterm Hakenkreuz“ weilte. Deshalb fügt er seiner Äußerung über den möglichen Besuch hinzu: „Es wird nicht ganz einfach sein, weil er Sachen gesagt hat, die man nicht akzeptieren kann.“ Und falls der iranische Präsident denn wirklich kommt: „Ich werde ihn auf seine Äußerungen ansprechen.“

Aber reicht das? Nein, findet der Zentralrat der Juden in Deutschland. „Wenn das die Methode ist, mit der der Bundesinnenminister zukünftig mit Holocaust-Leugnern und Rassisten umgeht, dann können sich die Irvings und Mahlers entspannt zurücklegen“, erklärte Zentralrats-Generalsekretär Stephan J. Kramer. Schäuble setze die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung im Kampf gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit aufs Spiel. „Offensichtlich gelten Wirtschaftsinteressen mehr als die Grundwerte der Verfassung und die Lehren aus der dunkelsten Geschichte Deutschlands.“ Sollte Ahmadinedschad nach Deutschland kommen, müssten deutsche Gesetze auf ihn Anwendung finden. Höchststrafe: fünf Jahren Haft.

Ausgelöst hatte die Debatte der Chef des iranischen Fußballverbands, Mohammed Ali Dadkan. Der Sportfunktionär hatte am vorigen Donnerstag das Nürnberger Stadion inspiziert, wo die iranische Nationalmannschaft am 11. Juni gegen Mexiko spielen wird. „Unser Präsident liebt Fußball. Er trifft regelmäßig die Spieler des Teams“, sagte Dadkan bei dieser Gelegenheit. Deshalb sei es „sehr wahrscheinlich“, dass Ahmadinedschad zur Fußball-WM nach Deutschland kommen werde.

Damit ist es dem iranischen Präsidenten nun schon zum wiederholten Mal gelungen, westliche Politiker in Verlegenheit zu bringen. Die deutsche Reaktion auf die Besuchsankündigung jedenfalls war zunächst – Schweigen. Erst das Schäuble-Zitat brachte am Wochenende die Debatte in Gang. Nun äußerte sich auch der bayerischen Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) am Rande einer Tagung im oberfränkischen Kloster Banz: „Dass der Repräsentant eines Landes, das gegenüber dem jüdischen Staat zu solchen Tiraden greift und den Holocaust bestreitet, in unserem Land nicht gerade begeistert empfangen wird, versteht sich von selbst.“

Wer weiß: Vielleicht hat Stoiber ja noch die Aussicht, dass er kein Protesttransparent entrollen muss. Die iranische Diplomatie hält sich jedenfalls noch alle Optionen offen. Nachdem schon die Ankündigung den erwünschten Wirbel ausgelöst hat, wollte sich ein Regierungssprecher gestern noch nicht darauf festlegen lassen, dass der Besuch auch tatsächlich stattfindet: „Wir haben derzeit keine offizielle Planung für die Fußball-Weltmeisterschaft.“ TAZ