GEHT’S NOCH?
: Oprahs Diskriminierungstourette

BEIM „TÄSCHLIGATE“ ZEIGT SICH DIE US-TALKERIN WINFREY ALS WELTFREMDES ALPHATIER – NICHT ZUM ERSTEN MAL

Oprah Winfrey ist eine Meisterin der (Selbst-)Inszenierung. In ihrer 2011 eingestellten US-Talkshow brachte sie das überwiegend weibliche Studiopublikum regelmäßig zum Kreischen, indem sie iPads verschenkte oder sogar Autos – an alle 275 Damen im Saal. Das freute die Hersteller mindestens so sehr wie die Beschenkten, und auch Winfrey, erste afroamerikanische Milliardärin der Geschichte, geboren als uneheliches Kind minderjähriger Eltern, profitierte von solchen Deals: Die 59-Jährige gilt heute als Star mit sozialem Gewissen, als Superreiche, die der Gesellschaft etwas zurückgibt – und seien es nur 275 Autos, die sie nicht bezahlt hat.

Winfrey kalkuliert also genau, was sie tut. Umso befremdlicher wirkt ihre Entschuldigung für den Medienwirbel um das „Täschligate“: Winfrey hatte sich diskriminiert gefühlt, weil die Verkäuferin in einer Zürcher Edelboutique sich geweigert hatte, ihr eine Tasche zu zeigen. Dann aber ließ sie erklären: „Es tut mir leid, dass die Sache so aufgeblasen wurde.“

Ja, wer macht denn so was?! Wahnsinn: Winfrey hat die Lawine selbst losgetreten und wundert sich nun darüber, dass die verdammt groß geworden ist. Sie wollte einen Aufschrei provozieren – aber doch bitte nicht so verflucht laut!

Diese weltfremde Irritation ist typisch für Alphatiere, die es gewöhnt sind, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen, dann aber merken müssen, dass sie den Mediendiskurs nicht ganz so perfekt kontrollieren können wie ihre Unternehmen. Verantwortungsvoller Umgang mit ihrer Medienmacht gehört sowieso nicht zu Winfreys größten Stärken. Schon 2004 hatte sie die Rassismuskeule geschwungen, nachdem sie vor einer Pariser Boutique abgewiesen worden war. Auch hier ruderte sie später zurück. Winfrey leidet offenbar an einer Art Diskriminierungstourette. Das Kriegsbeil begrub sie damals, indem sie den US-Chef des Luxuslabels einlud und vor laufenden Kameras Werbung für dessen Produkte machte. Mit Geld lässt sich eben alles wieder einrenken. Ob Winfrey der Schweizer Verkäuferin, der sie einen Shitstorm bescherte, auch schon ein hochpreisiges, aber billiges Entschuldigungsgeschenk gemacht hat? Fürs nächste Mal: Von vornherein einfach die Fresse zu halten, wäre auch eine Möglichkeit. DAVID DENK