Mutationen möglich

Eine für den Menschen gefährliche Veränderung des H5N1-Virus ist wahrscheinlicher als bisher angenommen

BERLIN dpa/ap/afp ■ Das H5N1-Virus ähnelt den menschlichen Grippeviren stärker als bisher angenommen. Das fanden US-Forscher heraus. Demnach genügen schon kleine Veränderungen der Eiweiße auf der Oberfläche der Vogelgrippeviren, um sie für den Menschen hochgefährlich zu machen. Die Untersuchung zeigt, dass die Eiweiße der Vogelgrippeviren denen der Spanischen Grippe von 1918 ähneln. Der Spanischen Grippe von 1918 fielen zwischen 20 und 50 Millionen Menschen zum Opfer.

Wissenschaftler befürchten, dass das Vogelgrippevirus mutieren und eine weltweite Grippewelle mit Millionen Toten verursachen könnte. Ein für den Menschen gefährliches Virus könnte entstehen, wenn sich ein Grippekranker zusätzlich mit H5N1 infiziert und sich eine neue Kombination aus beiden Erregern bildet. Oder aber das Eiweiß auf der Oberfläche der Vogelgrippeviren mutiert, sodass es künftig an menschlichen Grippe-Rezeptoren andocken kann.

Die Forschungsgruppe um James Stevens vom Scripps Research Institute in La Jolla analysierte die Struktur des Eiweißstoffs Hämagglutinin an der Oberfläche der Viren. Dieses Molekül ermöglicht dem Erreger, in die Wirtszelle einzudringen. Dazu hakt es sich an Andockproteinen (Rezeptoren) der Zellen fest. Vogelgrippeviren docken dabei an anderen Rezeptoren an als die Erreger der Grippe des Menschen. Dies ist der Grund dafür, dass H5N1-Viren derzeit nur selten Menschen befallen. Die Forscher verglichen das Hämagglutinin von Viren aus einer Blutprobe eines vietnamesischen Jungen, der 2004 an der Vogelgrippe starb, mit dem anderer Grippeerreger. Das Hämagglutinin des Erregers aus der Blutprobe war dem menschlicher Grippeviren ähnlicher als dem der ursprünglichen Vogelgrippeviren von 1997. Welche weiteren Mutationen noch folgen müssten, damit das Virus komplett auf den Menschen „umschwenkt“, könne man nicht vorhersagen.

Der Basler Pharmakonzern Roche erhöhte indes die Produktionsmenge für das Grippemittel Tamiflu um 25 Prozent. Tamiflu soll auch gegen die Vogelgrippe helfen. In den Niederlanden darf Nutzgeflügel jetzt geimpft werden.

Weltweit tauchen immer neue Meldungen über infizierte Tiere auf. In Afghanistan wurden erstmals infizierte Vögel gefunden, die aus Kabul und dem Osten des Landes stammen, teilten gestern die Vereinten Nationen und die Regierung in Kabul mit.

In Aserbaidschan ist ein Hund vermutlich an den Folgen des Vogelgrippevirus gestorben. Eine Bestätigung wollen die Behörden in Baku allerdings erst nach weiteren Untersuchungen geben. Für Birma bestätigte die UNO H5N1-Infektionen bei Hühnern. Bislang infizierten sich weltweit rund 180 Menschen, etwa 100 von ihnen starben.