Eltern als Dienstleister

Die SchwedInnen blicken ziemlich optimistisch in die Zukunft, und darum werden viele Kinder geboren

STOCKHOLM taz ■ „Bist du eine typische schwedische Mutter, Pia?“ Über diese Frage scheint die Nachbarin und Mutter von drei Kindern noch nicht nachgedacht zu haben. „Ja, wir sind wohl auch so Curling-Eltern“, sagt sie zögerlich.

Curling-Eltern sind in Schweden Eltern, die ihre Rolle primär als Dienstleister sehen. Typisch dürfte sein, dass Pia die Frage nach der Mutterrolle ganz pragmatisch dahin verstanden hat, wie sie ihren Kinderbetreuungsjob erledigt. Und dass sie mit „wir“ antwortet. Elternrolle? Ja. Aber eine spezielle Mutterrolle?

Die Entscheidung für ein Kind heißt nicht, die Lebensplanung radikal zu ändern. Zwar ist es primär die Mutter, die nach der Geburt des Kindes zu Hause bleibt. Das hat mit Rücksicht auf die Haushaltskasse zu tun. Das mit bis zu 16 Monaten großzügig bemessene Elterngeld beläuft sich auf 80 Prozent des letzten Einkommens. Da Frauen im Schnitt weniger verdienen als Männer, schlägt ein 20-prozentiger Wegfall des Einkommens eben nicht so zu Buche wie der väterliche.

Das öffentliche Kinderbetreuungssystem, das seinen Hauptgrund im Bedarf der Wirtschaft nach weiblicher Arbeitskraft hatte, ist engmaschig, aber nicht flächendeckend. Wenn deshalb wegen der Kinder Teilzeitarbeit angesagt ist, nimmt die in 90 Prozent der Fälle die Frau. Nur aus diesem Grund hat Schweden mit 76 Prozent den höchsten Anteil berufstätiger Frauen in Europa.

Mit einer Geburtenrate von 1,65 liegt Schweden im oberen Drittel der EU. Muttersein ist also nicht unattraktiv – was aber nicht allein mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten zusammenhängt. Neben einem ausgeprägten Zukunftsoptimismus unterscheidet sich Schweden mit einer kinderfreundlicheren Grundstimmung von vielen Ländern auf dem Kontinent.

REINHARD WOLFF