DFB nun doch gegen Ausbeutung

Mit Mühe haben Gesundheitsministerin und Frauenverbände den Fußballbund für den Kampf gegen Zwangsprostitution gewonnen. Jetzt ist der DFB-Chef voller Tatendrang

Der Fußballbundentschuldigt sich: „Wir haben dieses Problem völlig unterschätzt“

BERLIN taz ■ Pünktlich zum Weltfrauentag und gut drei Monate vor der Fußball-Weltmeisterschaft hat das Bündnis gegen Zwangsprostitution gestern seine Kampagne gestartet. Schirmherr von „Abpfiff – Schluss mit Zwangsprostitution“ ist Fußballbund-Präsident Theo Zwanziger.

Für den begann die „Abpfiff“-Kampagne mit einer Entschuldigung. Der DFB habe zu einer Beteilung erst mühsam überredet werden müssen: „Wir haben die Tragweite dieses Problems beim DFB anfangs völlig unterschätzt.“ Er selbst habe erst durch einen Briefwechsel mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und viele Gespräche auf die Sensibilität des Themas aufmerksam gemacht werden müssen, sagte Zwanziger. Jetzt sei aber auch ihm klar, dass es bei der WM Zwangsprostitution geben wird, weil dort tausende überwiegend männliche Fans einen großen Absatzmarkt bieten. Der DFB-Präsident betonte, dass er persönlich in Sachen Prostitution keine Erfahrungen habe.

Zum gestrigen Kampagnenstart saß Zwanziger mit VertreterInnen von Frauenverbänden, amnesty international, Polizei und Beratungsstellen an einem Tisch und beteuerte, diesen Fehler werde der DFB kein zweites Mal machen. Jetzt sei es wichtig, auf dieses „schändliche Verbrechen“ aufmerksam zu machen. Nach einer Schätzung der Europäischen Union wurden 2004 etwa 200.000 Frauen nach Europa gebracht. Genaue Zahlen gebe es aber nicht. Hier müssen sie illegal leben und arbeiten. In Industrieländern verdient ein „Besitzer“ an einer Zwangsprostituierten etwa 67.000 Euro, schätzt die internationale Arbeitsorganisation ILO.

Wenn sie bei einer Razzia aufgegriffen wird, folgt oft die sofortige Abschiebung. Staatliche Unterstützung gibt es nicht. Diese Situation will „Abpfiff“ ändern und fordert für die Frauen Rechtsbeistand, finanzielle Unterstützung, medizinische Versorgung und keine vorschnellen Abschiebungen. In ihren Heimatländern sollen Beratungsstellen entstehen.

Die Polizei steht dem Problem weitgehend hilflos gegenüber. „Wir brauchen dringend Fachkräfte, die das Milieu kennen und entsprechende Fachdienststellen“, fordert Heike Rudat vom Bundeskriminalamt. An Freier will sich die Kampagne nicht gezielt wenden, obwohl die oft die Einzigen sind, die auf Zwangsprostitution aufmerksam werden können. Darauf haben sich andere Kampagnen spezialisiert: Einen Merkmalkatalog wie man Zwansprostituierte erkennen könne, sei ohnehin schwer zu erstellen, sagte Rudat. Oft seien die Frauen aber verängstigt. Wichtig ist der Kampagne die Unterscheidung zwischen freiwilliger, legaler und Zwangsprostitution. „Nicht jede Frau die kein Deutsch spricht, wird zu dieser Arbeit gezwungen“, sagte die Polizistin Rudat.

Ein Verbot von Zwangsprostitution halten die TrägerInnen der Initiative für wenig effektiv. Im Zweifelsfall stünde Aussage gegen Aussage, und die Rahmenbedingungen sprächen gegen die Frauen. Sinnvoll sei es, die Situation der Frauen zu stärken und spezialisierte Polizeikräfte auszubilden. KERSTIN SPECKNER