Die gestohlene Herkunft

KINDSRAUB Während der Militärdiktatur in Argentinien, 1976 bis 1983, wurde gefoltert, gemordet, Menschen verschwanden. Aber es wurde auch mit den Kindern der Verfolgten gehandelt. Die Geschichte von Carlos Rodolfo d’Elia

VON ERWIN KOCH

Vor dem Haus stand ein grüner Ford Falcon, Carlos, das Gesicht aus Stein, rannte ins Haus, fand Marta, die er Mama rief, in Handschellen, sie stand auf der Treppe, Angst in den Augen oder Scham, es war Mittwoch, 14. Juni 1995, Riobamba Ecke Lavalle, Buenos Aires, kurz nach zwölf.

Polizisten schoben sie in den Ford und fuhren los, Carlos neben Marta, Winter in Argentinien, sie hielten sich an den Händen, sprachen kein Wort. Noch heute, siebzehn Jahre später, sagt Carlos Rodolfo d’Elia Casco, geboren am 26. Januar 1978 um zehn vor zwei Uhr nachts in einer geheimen Folterkammer der Polizei der Provinz Buenos Aires, Pozo de Banfield, Bezirk Lomas de Zamora, noch heute stelle ich lieber keine Fragen.

Man hielt vor dem Hauptkommissariat in der Avenida Belgrano, führte Marta und Carlos in weite graue Hallen, befahl sie auf eine hölzerne Bank, dort saßen sie und schwiegen, eine halbe Stunde oder zwei. Schließlich brachten sie Marta Leiro, siebenundfünfzig, geschiedene Frau des Kapitänleutnants a. D. Carlos Federico Ernesto de Luccia, in ein Büro und ließen den Jungen, den Marta für ihren Sohn ausgab, allein auf der Holzbank. Nie, sagt Carlos, habe er bezweifelt, der leibliche Sohn von Marta Leiro und ihrem einstigen Mann zu sein, der ihn Pichino nannte, der ihm, weil das Kind darum gebettelt hatte, ein schwarzes Pferdchen mit weißen Beinen schenkte, der ihm, wenn Carlos im Bett lag, die Geschichte vom bösen schlauen Kater Soundso erfand, und immer, sagt Carlos im Dezember 2012, ließ Papa die Geschichte unvollendet, um sie am nächsten Abend fortzuspinnen.

Einen Gefallen tun

Carlos Federico Ernesto de Luccia, verheiratet mit Marta Leiro, Kapitänleutnant und Mitglied des Geheimdienstes der argentinischen Marine, verließ die Armee 1971, fünf Jahre vor dem Putsch der Generäle am 24. März 1976. Sofort lösten die Militärs den Kongress auf, setzten das oberste Gericht ab, ließen verhaften und, übers Land verteilt, rund 340 geheime Folterkeller einrichten, sie mordeten in sieben Jahren Herrschaft an die dreißigtausend Mal. Heute weiß ich, sagt Carlos d’Elia, weißes Hemd, gebügelte Hose, dass mein Vater alles wusste.

Im Oktober 1977 bat Carlos Federico Ernesto de Luccia, nun Versicherungsvertreter, seinen Bekannten Rodolfo Aníbal Campos, Oberst und stellvertretender Polizeichef der Provinz Buenos Aires, mitverantwortlich für einundzwanzig Foltergefängnisse, um einen Gefallen. Campos leitete die Bitte an den Polizeiarzt Jorge Bergés weiter, der die Schächer, wenn sie zur Tat schritten, medizinisch beriet, der schwangere Gefangene, bevor man sie tötete, entband.

Am Vormittag des 26. Januar 1978 fuhren Carlos Federico Ernesto de Luccia und seine Frau südwärts, es regnete, sie parkten an einer Ecke, wo, das habe ich nie herausgefunden, sagt Carlos d’Elia, bald fünfunddreißig, im kahlen Zimmer eines Hotels, hohe weiße Wände, ein Sofa, in der Ecke ein paar Zweige, Buenos Aires, Dezember 2012, es regnet.

Ein Auto hielt an, ein Mann stieg aus, gehüllt in einen langen Mantel, eine Kapuze auf dem Kopf oder eine Mütze, in den Händen ein Bündel, Marta öffnete das Fenster, der Mann erschrak, Martita, was machst du denn hier? Es sei, sagt Carlos jetzt, nur Zufall gewesen, dass Marta Leiro, die er noch immer Mama nennt, ihre Jugend im gleichen Viertel verbrachte wie der Mann, der sie Martita rief, Polizeiarzt Dr. Jorge Borgés, und ihr ein Kind durchs Autofenster schob, verklebt mit dem Blut seiner Mutter, eingeschlagen in Zeitungspapier, fahrt schnell weg.

So kam ich zu Mama.

Solche wie mich, sagt Carlos, gibt es in Argentinien rund fünfhundert.

Carlos weiß nicht, wie lange er, getrennt von der Frau, die er für seine Mutter hielt, in einer Halle des Hauptkommissariats saß. Um die Mittagszeit des 14. Juni 1995 brachten sie ihn nach San Isidro, eine halbe Stunde im Auto, ein Beamter links, einer rechts, Tribunal Oral Federal No 1, der Richter sagte, du bist nicht das Kind von Carlos de Luccia und Marta Leiro, sondern von Julio d’Elia und Yolanda Casco, das waren Uruguayer, in Argentinien seit dem April 1974, verhaftet am 22. Dezember 1977, seither ohne Nachricht, Desaparecidos, Verschwundene.

Ich will zu meinen Eltern.

Die sind tot.

Das geht mich nichts an.

Wir möchten ein bisschen Blut von dir.

Vergiss das!, schrie Carlos, siebzehn.

Sie führten ihn in einen leeren Raum, er setzte sich ans Fenster, sah hinaus und wartete, vielleicht Stunden, ab und zu kam ein Mann, er sei Psychologe, ob er Hilfe brauche, Carlos schwieg, ab und zu kam ein anderer, er sei von der Jugendgerichtshilfe, bei wem ich nun wohnen möchte.

Ich will zu meinen Eltern.

Er habe, sagt Carlos, mit seinen Eltern, Marta und Carlos, großes Glück gehabt, was wäre ich ohne sie?, dankbar bin ich ihnen, Marta und Carlos, sehr dankbar, auch wenn sie mich belogen und betrogen.

Zum Dank dafür, dass Rodolfo Aníbal Campos, stellvertretender Polizeichef der Provinz Buenos Aires, ihnen zu einem Kind verholfen hatte, nannten sie ihren Sohn Carlos Rodolfo. Und Campos’ Vorgesetzter, ein gewisser Ramón Camps, zuständig für neunundzwanzig Folterkeller, schrieb dem Ehepaar de Luccia Leiro einen Brief, die Tatsache, dass Sie, verehrter Carlos de Luccia und verehrte Marta Leiro, das unschuldige Kind von Staatsfeinden zum eigenen machten, sei ein Dienst am Vaterland, dem hohe Achtung gebühre. Von Mama weiß ich, dass Papa den Brief schnell zerriss, ein Beweismittel, dass ich gestohlen war – aus den Armen meiner Mutter Yolanda.

Wenn sie mich denn überhaupt je in den Armen hielt.

Halten durfte.

Carlos Rodolfo d’Elia Casco, weißes Hemd, gebügelte Hose, Ökonom im Außenministerium der Republik Argentinien, spreizt die langen schmalen Finger, drückt sie auf den schwarzen Tisch, heute weiß ich, sagt er leise, dass die Umstände meiner Geburt, zumindest teilweise, mein Wesen bestimmen, wer, noch im Bauch seiner Mutter, Folter erlebt, ist anders als der, dem dieses Unglück nie widerfährt, wer, noch blutig von der Geburt, seiner Mutter entrissen wird, ist anders als – Carlos bricht ab, schaut in die weiße Wand.

Mit Lügen leben

Am Abend des 14. Juni 1995 reiste Martas Bruder nach San Isidro, Onkel Enrique, und holte den Jungen zu sich nach Hause, ich weiß nicht mehr, wie mein Bett in seine Wohnung kam, meine Lampe, mein Schrank.

Ein halbes Jahr erst war das Kind bei Marta und Carlos, 1978, als der Mann, entzündet für eine andere, seine Frau verließ, Marta Leiro war Direktorin in einem Kindergarten und brachte den Kleinen in eine Krippe, Carlos wuchs heran, ein fröhliches lautes Kind, sie belud es mit Küssen, las ihm abends, wenn es in seinem Zimmer lag, Stadtteil Barracas, Avenida Montes de Oca 1103, neunter Stock, eine Geschichte vor, ich war dort, sagt Carlos d’Elia, geborgen. Täglich rief der Mann an, den er für seinen Vater hielt, Carlos Federico Ernesto de Luccia, stumm reichte Marta ihrem Sohn den Hörer und wartete, küsste ihn dann, hielt ihn umfangen, sie lehrte ihn beten, Padre nuestro, que estas en el cielo, ich war glücklich, fürchtete mich nur vor der Dunkelheit.

Jeden Mittwoch stand der Vater vor der Tür und holte Carlos für eine Nacht zu sich, Stadtteil Flores, Calle Baldomero Fernández Moreno, 21. Stock, an den Wochenenden nahm er ihn mit in sein Landhaus von San Pedro, 170 Kilometer hinter Buenos Aires. Als Carlos fünf war, schenkte er ihm ein Pferdchen, schwarz mit weißen Beinen, Carlos nannte es Patas blancas, Weißbeinchen, er saß auf ihm, bis er einschlief, meine erste große Liebe.

Und manchmal nahm der Versicherungsunternehmer Carlos Federico Ernesto de Luccia, Kapitänleutnant a. D. und ehemaliges Mitglied des Marinegeheimdienstes, seinen Sohn zu Festen mit, lobte das Kind, streichelte es, stellte es den Kollegen von einst vor, Freunden, Bekannten, unter ihnen Rodolfo Aníbal Campos, Oberst und stellvertretender Polizeichef der Provinz Buenos Aires zur Zeit der Diktatur, März 1976 bis Oktober 1983, mitverantwortlich für einundzwanzig Foltergefängnisse, Comisaría de Villa Martelli, Comisaría 3 de Morón, Comisaría 4 de Mar del Plata, Comisaría 5 de la Plata, Comisaría 8 de la Plata, Comisaría de Tigre, Pozo de Quilmes, wo sie meine Mutter Yolanda folterten, Pozo de Banfield, wo Yolanda mich gebar.

Die Hand an der Wiege, titelte die Zeitung Página/12 am Freitag, 16. Juni 1995, erster bekannt gewordener Fall von Kindesentzug durch die Streitkräfte. Verhaftung eines Kapitänleutnants und seiner Frau, die vor siebzehn Jahren den Sohn zweier Verschwundener aufnahmen. Er wurde in einem Folterlager geboren.

Ich weiß nicht, ob ich den Artikel las, ich habe so vieles vergessen, verdrängt, ich fragte meinen Onkel nie, Tío, ist es wahr? Mit niemandem sprach ich über mich, über mein Pech, niemand sprach mich darauf an.

Am Abend des 20. Juni 1995 bestellte ein Richter Carlos d’Elia, der damals noch Carlos de Luccia hieß, nach San Isidro, Tribunal Oral Federal No 1, es seien Leute hier, weit hergereist, um ihn zu sehen.

Ich will zu meinen Eltern.

Diese Leute sind gekommen, um dich zu sehen, siebzehn Jahre lang haben sie dich gesucht. Ich will sie nicht sehen, schrie Carlos, siebzehn, hoch und schlank, Schüler des Colegio San Juan Bautista de la Salle.

Es wäre gut für dich.

Ich will mit meinem Onkel reden.

Man rief den Onkel ins Büro, es wäre gut, sagte der Richter, wenn ihr Neffe sich der Wahrheit stellte, seine Großmutter aus Uruguay wartet nebenan, seine Tante.

Er will sie nicht sehen, schrie der Onkel.

Ich kann ihn nicht zwingen, schrie der Richter.

Um den Streit zu beenden, willigte ich ein, der Richter führte mich in einen Raum, dort saßen sie, eine alte Frau, Renée d’Elia, die Mutter meines Vaters Julio, Regina Casco, die Schwester meiner Mutter Yolanda, sie standen auf, sie lächelten, ich wollte weg, reichte den Frauen die Hand, sie begannen zu reden, ich sagte, den Schmerz, den sie siebzehn Jahre lang lebten, kann ich verstehen, aber es geht mir nicht gut, ich will hier raus.

Jahre später erzählte mir meine Großmutter, ich hätte mich, bevor ich aus dem Zimmer ging, zu ihnen umgedreht, Tränen in den Augen, ich erinnere mich nicht, sagt Carlos d’Elia im Dezember 2012, Regen klopft auf Blech, ein Gewitter über Buenos Aires, Blitz, Donner, die Klimaanlage fällt aus.

Vor dem Gerichtsgebäude lauerten Fotografen, Carlos rannte los, warf sich ins Auto des Onkels, der auch sein Taufpate ist.

Página/12 schrieb am nächsten Tag, siebzehn Jahre lang habe Renée d’Elia, 72, Carlos’ Großmutter, vor dem Schlafengehen für das Wunder gebetet, zu Lebzeiten noch ihren Enkel zu sehen.

Nie hatte ich Mama nach den Umständen meiner Geburt gefragt, und Papa nie danach, ob er bei meiner Geburt dabei war, solche Fragen hatte ich nie.

Verstehst du? Versteht das jemand?

Neun Monate waren sie in Untersuchungshaft, Marta Leiro im Frauengefängnis von Ezeiza, eine Stunde vor der Stadt, Carlos Federico Ernesto de Luccia in Caseros, Stadtteil Parque Patricios. Carlos lebte bei seinem Onkel, ging ins Colegio de la Salle, sein letztes Schuljahr, er blieb bis ein Uhr mittags und fuhr dann zu seinen Eltern, am Mittwoch und Samstag zu Marta, die Wärter griffen ihm in Hemd und Hose, sie prüften jedes Buch, das er mitbrachte, jedes Brot, die Zigaretten, dann saß ich da drin bei Mama, wir redeten kaum, vielleicht über die Schule, das Wetter, meine Freundin Inés. Am Dienstag, Donnerstag und, nach dem Besuch bei Marta, oft auch am Samstag war er bei Carlos de Luccia, redete wenig, vielleicht über die Schule, das Wetter, Inés, die Frage, ob wahr sei, was die Welt behauptete, schob ich mir für den Tag auf, da Marta und Carlos aus dem Gefängnis kämen, nur von ihnen wollte ich die Wahrheit erfahren, sagt er und fährt sich übers müde Gesicht.

Mama sagte oft, ich sei meinem Vater ähnlich, frech, laut, Papa war mein Idol, unanfechtbar, grandios, ich wollte sein wie er, geliebt von allen, Witze wollte ich erzählen können wie er.

Nichts zu sagen haben

Weil er oft log, brachte Marta Leiro ihren Sohn zu einem Psychologen, Carlos behauptete Dinge, die er nicht gemacht hatte, sie brachte ihn zu einem zweiten, zu einem dritten Psychologen, Marta schimpfte, Carlito, deine Lügen sind nicht besser als die deines windigen Vaters.

Als Marta Leiro und ihr früherer Ehemann Carlos Federico Ernesto de Luccia ein Drittel der Strafe, die sie auf jeden Fall zu erwarten hatten, im Gefängnis gesessen hatten, neun Monate, kamen sie auf Bewährung frei, März 1996, Carlos, achtzehnjährig, saß in der Wohnung seiner Mutter, Riobamba Ecke Lavalle, vierter Stock, er küsste sie, umarmte sie, sie setzten sich in die Küche und warteten auf Carlos de Luccia, der vor Jahren wieder geheiratet hatte, nun wollte ich die Wahrheit wissen. Endlich kam er und Carlos fragte, Mama, Papa, was habt ihr mir zu sagen? Der Mann, den er liebte, hob an, Carlos, es stimmt, biologisch bist du nicht unser Kind, in Wahrheit hat ein Mädchen aus Mendoza dich geboren, eine Frau ohne Geld, also nahmen wir dich zu uns, du bist und bleibst unser geliebter Sohn, mehr gibt es nicht zu sagen.

Marta saß daneben und schwieg.

Und ich stellte keine Fragen, man stellt in diesem Land selten Fragen, vielleicht aus Angst vor der Antwort, Carlos d’Elia legt eine Hand auf die andere, er schweigt, starrt auf den schwarzen Tisch in Zimmer 403.

Wenn ich meinen Eltern etwas übel nehme, dann diesen Moment im März 1996, als sie mich, obwohl längst klar und wissenschaftlich erwiesen war, dass ich das Kind von Yolanda und Julio bin, abermals belogen.

Und ich glaubte ihnen.

Irgendwann zu Beginn der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts erfuhr Renée d’Elia, Montevideo, Uruguay, Mutter von Julio Cesar d’Elia, Schwiegermutter von Yolanda Iris Casco, die im April 1974 nach Argentinien ausgewandert waren, von einem Verein in Buenos Aires, Abuelas de Plaza de Mayo, Großmütter auf der Suche nach ihren Enkelkindern, die während der Diktatur in geheimen Kerkern geboren und, kaum am Licht, zumeist an Angehörige der Streitkräfte verschachert worden waren, rund fünfhundert Fälle. Renée d’Elia rief die Abuelas an, reiste mit dem Schiff über den breiten Río de la Plata, sie beriet sich mit den Großmüttern von der Plaza de Mayo, brachte Fotos ihrer Verschwundenen bei, schrieb nieder, was sie von ihnen wusste, meine biologischen Eltern, sagt Carlos d’Elia, wurden am 22. Dezember 1978 zwischen ein und zwei Uhr nachts aus ihrer Wohnung geholt, San Fernando, Provinz Buenos Aires, Calle 9 de Julio 1130, zweiter Stock, Yolanda, im neunten Monat schwanger, war Sekretärin in San Isidro, Julio, der Wirtschaft studiert hatte, arbeitete in einem Kleinkreditunternehmen, meine Eltern waren beide politisch aktiv, sie glaubten, wie so viele damals, an eine soziale Gerechtigkeit, an Umbruch und Neubeginn, sie waren, bevor sie 1974, ein Jahr nach dem Staatsstreich in Uruguay, nach Argentinien flohen – wo dann wiederum ein Putsch geschah, der Yolanda und Julio das Leben kostete –, Mitglied der GAU gewesen, Grupos de Acción Unificadora, Studenten in Aufruhr.

Eines Tages, von Unbekannten, erhielten die Abuelas de Plaza de Mayo zwei kurze Anrufe, manche Geburtsurkunden gestohlener Kinder, sagte die Stimme, seien vom Polizeiarzt Jorge Bergés unterzeichnet – und mit Sicherheit sei der Knabe Carlos Rodolfo de Luccia, wohnhaft im Viertel Barracas, Avenida Montes de Oca 1103, neunter Stock, nicht das biologische Kind von Marta Leiro und Carlos Federico Ernesto de Luccia, der in San Pedro ein Landhaus besitze. Von wem die Informationen kamen, sagt Carlos, die langen Finger im kurzen Haar, weiß ich bis heute nicht.

Mit diesem Hinweis wandten sich die Abuelas an die argentinische Justiz – die Generäle hatten längst abgedankt –, und die Justiz, demokratisch legitimiert, kam zu dem Schluss, das Kind in der Avenida Montes de Oca 1103 sei möglicherweise der biologische Sohn von Mónica Edith Olaso und Alejandro Efrain Ford, verschwunden seit dem Mai 1977, ich erinnere mich gut, ich war acht, Papa bester Laune, als er mich zur Blutentnahme ins Hospital Durand brachte, viele Leute standen dort, heute weiß ich, dass es Polizisten waren, Justizbeamte, mein Vater lachte, schau an, Pichino, wie wichtig du bist, sie alle sind gekommen, um dabei zu sein, wenn man dir ein bisschen Blut abnimmt, deine Lunge prüft, dein Herz, deine starken Waden, damit man dich nachher im Fußballklub aufnimmt, mein kleiner großer Fußballstar, der du bald sein wirst. Die Blutprobe ergab keine Übereinstimmung, blieb aber in der Datenbank des Hospital Durand.

So tun, als wäre es normal

Einmal, Carlos hatte Geburtstag, vielleicht seinen zehnten, war er mit Marta Leiro nach Santa Teresita gereist, Sommerurlaub, der Vater, noch im steifen Anzug, den er im Büro trug, fuhr nach der Arbeit ans Meer, vier Stunden weit, und setzte sich mit dem Kind, das er für seinen Sohn ausgab, an den Strand, küsste und schenkte, fuhr dann in der Nacht nach Buenos Aires zurück, vier Stunden, er war zärtlich und launisch, hart und weich, er schlug mir ins Gesicht, zog mich an sich, komm her, Pichino, war nicht so gemeint, sagt Carlos d’Elia und schaut zur Wand.

Behauptete Papa, diese Wand hier sei schwarz, obwohl sie weiß ist, sagte ich, diese Wand hier ist schwarz.

Lobte Carlos Federico Ernesto de Luccia, einst Mitglied des Marinegeheimdienstes, den neuen Präsidenten Carlos Menem, der die alten Tyrannen, mittlerweile im Gefängnis, begnadigte, nickte der Junge, der neben ihm saß, aber über die Zeit der Diktatur sprachen wir nie, weder bei Papa noch bei Marta, weder in der Schule noch irgendwo.

Im Winter 1993 bat die Präsidentin der Abuelas de Plaza de Mayo, Estela Carlotto, Großmütter auf der Suche nach ihren Enkeln, eine Molekularbiologin in Berkley, Kalifornien, mit der sie befreundet war, Marie Claire King, die Daten jener Blutprobe, die Carlos Rodolfo de Luccia sieben Jahre zuvor im Hospital Durand hinterlassen hatte, unter anderem mit dem Blut von Regina Casco zu vergleichen, Schwester von Yolanda Casco, verschwunden seit dem 22. Dezember 1977.

Am 14. August 1993, 09:58, antwortete die University of California, Berkley, Department of Molecular and Cell Biology, per Fax, die DNA-Sequenz des Kindes Carlos de Luccia stimmt vollständig überein mit der von Regina Aurora Casco.

Carlos, achtzehn Jahre alt, wohnte nun wieder mit Marta Leiro, die das Gefängnis verlassen hatte, im Zentrum der Stadt, er begann ein Studium an der Universidad de Buenos Aires, Ökonomie, und traf, vielleicht einmal im Monat, seine Großmutter, die aus Uruguay anreiste, seine Tante, sie brachten Geschichten und Geschenke, unterhielten sich im Büro des Jugendrechtsberaters, eine Stunde, manchmal zwei, nie länger, Carlos wollte die Fotos nicht sehen, die sie hinstreckten, er lief weg, als die Großmutter ihn bat, sich immerhin ein Bild ihrer Wohnung anzuschauen, Montevideo, Blick auf den Río de la Plata, und ihm ein Foto von Yolanda unterschob, schwanger mit ihm.

Ein Richter entschied, Carlos sei psychologisch zu begleiten, Carlos setzte sich in den Stuhl eines Psychologen und schwieg, drei Mal ging er hin, brach ab. Schließlich reiste aus Uruguay eine Cousine an, ein Cousin, sie redeten über Musik, Fußball, Fernsehserien, lachten, scherzten, sie sprachen nie über Julio d’Elia und Yolanda Casco, die ihn geboren hatte.

Warum, fragte die Großmutter, nennst du die Frau, die dich gestohlen hat, Mama?

Am frühen Morgen des 26. April 1997, ein Jahr und einen Monat nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, starb Carlos Federico Ernesto de Luccia an einem Herzinfarkt. Schluchzend stand Carlos, neunzehn, am Sarg, streichelte das Gesicht von Papa, legte eine rote Rose auf seine Brust, Offiziere der argentinischen Marine lobten den Kameraden, ich vermisse ihn noch heute.

Was würdest du ihn fragen, wenn er noch lebte?

Carlos Rodolfo d’Elia Casco, weißes Hemd, gebügelte Hose, längst Vater von drei Töchtern, schnaubt und schweigt.

Vielleicht nichts, sagt er.

Um ihn nicht zu verletzen?

Kann sein.

Oder weil ich nun weiß, was er wusste.

Carlos, zwanzig Jahre alt, fuhr nicht nach Olivos, Provinz Buenos Aires, Gobernador Ugarte 1735, als Marta Leiro, Mama, vor Gericht stand, Tribunal Oral No 2 de San Martin, 4. und 5. Mai 1998. Der Verteidiger hatte ihr geraten, bei der Aussage zu bleiben, die sie drei Jahre zuvor, in Handschellen, zu Protokoll gegeben hatte, nach achtzehn Jahren Ehe und einer Behandlung mit Hormonen sei sie 1977 endlich schwanger geworden, am 25. Januar 1978, im neunten Monat also, habe sie mit ihrem damaligen Mann, Carlos Federico Ernesto de Luccia, eine Reise ins Seebad Mar del Plata gemacht, diese dann, weil sie sich unwohl gefühlt habe, abgebrochen, auf der Rückfahrt sei ihre Fruchtblase geplatzt, sie hätten sich ins nächste Krankenhaus begeben, wo anderntags, nachts um zehn vor zwei, ihr Sohn Carlos Rodolfo das Licht der Welt erblickt habe.

Nun stand sie vor dem Richter und erzählte, dass ein Mann, in einen langen Mantel gekleidet, eine Kapuze auf dem Kopf oder eine Mütze, ihr einst ein Kind durchs offene Autofenster schob, eingeschlagen in eine Zeitung, verklebt mit dem Blut seiner Mutter. Der Richter fragte, kannten Sie den Mann?, Marta sagte, ich kannte ihn nicht.

Weshalb log sie noch immer?

Carlos d’Elia, bald fünfunddreißig, schiebt die Schultern hoch.

Hast du sie je danach gefragt?

Nein.

Wegen Aneignung eines Kindes und Verfälschung der Identität eines Minderjährigen, den sie als ihren Sohn ausgab, bestrafte das Gericht Marta Leiro mit drei Jahren Gefängnis, ausgesetzt zur Bewährung. Das Gericht entschied, Carlos Rodolfo, bisher de Luccia Leiro, heiße fortan d’Elia Casco, seine Papiere seien zu ändern, diesen Namen wollte ich nicht, eine fremde kalte Identität, schließlich nahm ich sie an, die Justiz hatte entschieden.

Wenn du heute, am 5. Dezember 2012, drei Wünsche frei hättest?

Carlos spreizt die langen schmalen Finger, verschränkt sie ineinander.

Dass meine Eltern stolz auf mich sind.

Deine Eltern?

Der, der mich gezeugt hat. Die, die mich geboren hat.

Irgendwann, er weiß nicht mehr, wann, reiste er, begleitet von seiner Freundin Inés, über den Río de la Plata, die Großmutter empfing mit Tränen und Kuchen, sie kochte und lachte und fragte, Carlos, nennst du Marta Leiro noch immer Mama? Zur Hochzeit lud er beide Familien ein, die argentinische und die uruguayische, 18. Februar 2000, Nuestra Señora del Pilar, Carlos war zweiundzwanzig, groß, schlank, im schwarzen Frack trat er in die Kirche, Marta Leiro am Arm, meine Großmutter Renée tat sich diesen Anblick nicht an, als Einzige kam sie nicht zum Fest.

Und ein Fest ohne Marta?

Kam nicht infrage!

Kennen deine Töchter die Wahrheit?

Ja, sagt Carlos in Zimmer 403, es ist längst Nacht in Buenos Aires, stickig und heiß, kein Regen mehr. Sie wissen, dass ich zwei Mütter habe und zwei Väter. Sie wissen, die, die mich aufzog, betet für die, die mich gebar.

Carlos d’Elia schloss sein Studium ab, reiste ab und zu nach Uruguay und ließ zu, dass die Großmutter nur kochte, was Julio einst mochte, sie belagerte ihn mit Erinnerungen und Fotos, lobte ihren Sohn, seinen Vater, und Renée fragte, Carlos, nennst du Marta tatsächlich noch immer Mama? – eines Nachts im Jahr 2005, auf dem Schiff zurück nach Argentinien, hatte ich das Gefühl, zu zerspringen.

Was heißt das?

Plötzlich spürte ich einen breiten Riss in mir.

Meine Unfähigkeit, Vorher und Nachher zu versöhnen.

Ich wollte Verantwortung übernehmen für meine Geschichte, ich wollte wissen.

Nachts auf dem Schiff zwischen Uruguay und Argentinien ging mir auf, dass auch ich ein Verschwundener war.

In der Hoffnung, die Abuelas de Plaza de Mayo hätten alles gesammelt über Yolanda Casco und Julio d’Elia, verschwunden seit dem 22. Dezember 1977, trat er ins Büro der Großmütter, Virrey Cevallos 592, leider könne man ihm nicht helfen, am besten beginne er bei den Leuten, die ihn stahlen und aufzogen, Carlos, siebenundzwanzig, setze sich in ein Taxi und fuhr zu Marta Leiro, Riobamba Ecke Lavalle, Mama, wenn du mich liebst, dann lüg mich jetzt nicht an.

Die Wahrheit suchen

Im Oktober 1977, nach achtzehn Jahren mit Carlos Federico Ernesto de Luccia noch immer kinderlos, habe sie ihren Mann beschworen, ihr endlich ein Kind zu verschaffen, egal wie, egal von wem, sie habe sich auf die Brüstung des Balkons gesetzt und gedroht, in die Tiefe zu springen. Mama, ist das wahr?

Es ist wahr, sagte Marta Leiro, ein Kind sollte unsere Ehe retten.

Egal von wem?

Ja.

Du wusstest, wo ich geboren wurde?

Das sei nicht wichtig, sagte dein Vater, je weniger du weißt, desto besser für dich, sagte er.

Damit gabst du dich zufrieden?

Ja, weinte Marta.

Nächtelang saß Carlos d’Elia vor dem Computer und gab die Namen seiner Eltern ein, der argentinischen und der uruguayischen, er stieß auf die Zeugnisse der wenigen, die den Kerker überlebt hatten, Luis Taub, der einst Yolandas Zelle putzte, Sektor A, Adriana Chamorro, die wusste, dass Yolanda Casco, mit der sie im Pozo de Banfield war, einen Sohn gebar, Pozo heißt Schacht, und eines Tages, am 24. Juli 2007, war ich endlich, endlich dort.

Erzähl.

Es war kalter Winter, Inés an meiner Seite, Marta hütete unsere Kinder, eigentlich gibt es nichts zu erzählen, ich sah das Loch, in dem meine Mutter gefangen war, erste Zelle im Sektor A, ich sah den Raum, in dem sie mich wahrscheinlich gebar, es war kalt, ich fror, wie ich noch nie gefroren hatte, ich weiß jetzt, wo ich auf die Welt kam, sagt Carlos und dreht das Gesicht zur Wand.

Hast du Marta je gefragt, ob sie wusste, dass du das Kind einer Gefolterten bist?

Nie direkt.

Weshalb nicht?

Ich weiß es nicht.

Aber sie wusste es?

Mein Vater wusste es.

Wieder reiste Carlos d’Elia nach Uruguay, traf sich mit Freunden von Yolanda und Julio, hörte sich ihre Geschichten an, heute weiß ich, wie meine Eltern verhaftet wurden, ich weiß, in welche Keller man sie steckte, zuerst in den von San Fernando, wo man sie blutig schlug, dann ins Centro de Operaciones Tácticas, Avenida del Libertador 14237, Martínez, San Isidro, Provinz Buenos Aires, dort wurden sie getrennt, mein Vater Julio, zusammen mit vier anderen Uruguayern, wurde noch im Dezember auf ein Schiff gebracht und dann irgendwann irgendwo ermordet, meine Mutter Yolanda kam in den Pozo de Banfield, Bezirk Lomas de Zamora, gefoltert wurde sie im Pozo de Quilmes, Yolanda gebar mich am 26. Januar 1978 und verschwand am 15. Mai.

Träumst du von Yolanda und Julio?

Oft.

Gut?

Gut und schlecht, sagt er, manchmal träume er davon, was ihnen geschah, Folter, Mord, dann erwache er weinend, nass vor Angst.

Im Winter 2008 stand Carlos Rodolfo d’Elia Casco in der Calle Montevideo und drückte die Klingel von Rodolfo Aníbal Campos, Oberst und stellvertretender Polizeichef der Provinz Buenos Aires zur Zeit der Diktatur, März 1976 bis Oktober 1983, Freund der Familie de Luccia, mitverantwortlich für einundzwanzig Foltergefängnisse, Comisaría de Villa Martelli, Comisaría 3 de Morón, Comisaría 4 de Mar del Plata, Comisaría 5 de la Plata, Comisaría 8 de la Plata, Comisaría de Tigre, Pozo de Quilmes, wo sie meine Mutter Yolanda folterten, Pozo de Banfield, wo Yolanda mich gebar, ich war sehr nervös.

Was wolltest du von Campos?

Reden.

Hören.

Dass er mir sagt, wie ich zu Marta und Carlos kam.

Was aus Yolanda und Julio wurde.

Eine Frau fragte, wer ist hier? Ich bin der Sohn von Carlos de Luccia, mein Vater kannte Oberst Campos gut, vielleicht erinnert er sich, wir sahen uns an so manchem Fest, ich möchte mit ihm reden. Endlich öffnete die Frau die Tür, sie fuhren in den obersten Stock und traten in eine Wohnung, Campos, fast haarlos, lächelte breit, reichte Carlos die Hand. Dann bat er in sein Büro und bot einen Stuhl an, die Männer setzten sich, Carlos sah die rote Narbe auf Campos’ Kopf, Folge einer Hirnblutung, ich fragte, ob er mir helfen könne, meine Geschichte zu finden. Was meinen Sie?, sagte Campos. Ich möchte wissen, was aus meinen Eltern wurde, Julio d’Elia und Yolanda Casco. Campos hörte nicht zu, er redete davon, wie er zur Polizei fand, wie die Polizei in der Provinz Buenos Aires aufgebaut war, mit seinem Finger zeichnete er ein Organigramm in die Luft.

Die Wahrheit nicht finden

Oberst Campos, als stellvertretender Polizeichef wussten Sie doch Bescheid?

Da täuschen Sie sich, mein Freund, ich hatte mit den Dingen, die Sie meinen, direkt nichts zu tun. Und schon gar nicht mit Ihrem Fall.

Aber es stimmt doch, dass mein Vater Sie einst um einen Gefallen bat?

Daran erinnere ich mich nicht.

Und dass Sie dann Ihren Polizeiarzt, Jorge Bergés, baten, meinen Vater mit einem Kind zu beliefern?

Dass der Bergés hieß, wusste ich nicht mehr, sagte Campos.

Schließlich lud er Carlos ein, ihn wieder zu besuchen, das nächste Mal mit Frau und Kindern, alles Gute und viel Glück!.

Was ich nicht weiß, sind die Namen derer, die Yolanda und Julio folterten.

Du möchtest sie kennen?

Ich weiß es nicht. Ja, ich möchte sie kennen.

Und dann?

Er schiebt die Schultern hoch.

Am 4. Mai 2012 stand Carlos d’Elia, vierunddreißig Jahre alt, vor dem Haus von Jorge Bergés, eine Frau fragte, was Carlos wünsche, reden!, nur reden!, Bergés richtete aus, keine Zeit!, Carlos schrieb die Nummer seines Telefons auf einen Zettel und reichte ihn der Frau, Dr. Jorge Bergés, der Yolanda Casco am 26. Januar 1978 nachts um zehn vor zwei im Folterkeller Pozo de Banfield entband, rief nie zurück.

Sprichst du mit deiner verschwundenen Mutter?

Carlos nickt.

Manchmal stelle ich mir vor, was sie an meiner Stelle täte.

Wie war sie?

Yolanda spielte Klavier, sie war zärtlich, zerbrechlich, sie war liebevoll, ihr größter Wunsch war es, eine eigene Familie zu haben, mindestens zwei Kinder, sagt Carlos im Dezember 2012.

Genau wie Marta?

Yolanda, sagt er, wurde lange Zeit nicht schwanger.

Carlos d’Elia war im Saal des Bundesgerichts von Buenos Aires, als die Justiz am 5. Juli 2012 über ehemalige Diktatoren saß, Carlos’ Fall war einer von fünfunddreißig, ausgebreitet vom Staatsanwalt zum Beweis dafür, dass die Generäle Kindsraub mit System betrieben, Jorge Rafael Videla, bereits zweimal zu lebenslanger Haft verurteilt, erhielt eine Strafe von fünfzig Jahren Gefängnis, Reynaldo Bignone, bereits zweimal zu lebenslanger Haft verurteilt, von fünfzehn, ich klatschte nicht, ich weinte nicht, ich wollte nur nach Hause.

Und Oberst Rodolfo Aníbal Campos, als er vier Monate später vor dem Tribunal Oral Federal No 1 de la Plata stand, angeklagt wegen Entführung, Folter und Mord, Freund der Familie de Luccia, der er einst einen Gefallen tat, holte aus, er sei stolz darauf, der Subversion die Stirn geboten zu haben, meine Herren, die Sie Argentinier sind, glauben Sie denn, das Militär folterte, mordete und bombte einfach so? Wir folterten und töteten, um Informationen zu gewinnen. Somos educados, no somos una banda armada, wir sind gut erzogen, keine bewaffnete Bande, 31. Oktober 2012.

Ich weiß nicht, ob ich wissen will, wie Yolanda und Julio starben.

Aber je mehr ich weiß, desto dünner der Riss in mir.

Begreifst du heute Dinge, für die du früher keine Erklärung hattest?

Carlos schaut zum Bild an der Wand, rote Striemen in Öl, er faltet die Hände, vielleicht, sagt er, habe er als Kind so oft gelogen, fast krankhaft, weil man ihn ständig belog.

Vielleicht.

Erwin Koch, 56, preisgekrönter Reporter, fährt in die Welt, auf der Suche nach Geschichte und den dazugehörenden Geschichten