Hoffnungsträger aus Amsterdam

Ein rasanter Aufstieg: Am Donnerstag war Job Cohen noch Bürgermeister von Amsterdam – und am Freitag ist er plötzlich Spitzenkandidat der niederländischen Sozialdemokraten. Der langjährige Parteivorsitzende Wouter Bos hatte zuvor überraschend angekündigt, dass er bei den Parlamentswahlen am 9. Juni nicht mehr antreten werde.

Der 62-jährige Cohen ist in den Niederlanden außerordentlich umstritten – er wird geliebt und gehasst. Als er im Jahr 2001 sein Amt als Amsterdamer Bürgermeister antrat, da sagte er jenen Satz, den seine Anhänger wie seine Feinde seither immer wieder zitieren. Grob übersetzt lautete er: „Wir müssen den Laden zusammenhalten.“

Mit diesem eigentlich recht banalen Satz wollte Cohen ausdrücken, dass er für Integration steht und die Muslime nicht an den Rand der Gesellschaft drängen will. Doch seither wird ihm von den niederländischen Rechtspopulisten immer wieder vorgeworfen, dass er ein „Softie“ sei.

Cohen gilt als der wichtigste Kontrahent von Geert Wilders, der bei den niederländischen Rechtspopulisten inzwischen zur zentralen Führungsfigur aufgestiegen ist und auch bei den letzten Kommunalwahlen im März stark zugelegt hat. Als Wilders 2008 seinen antiislamischen Film „Fitna“ lancierte, zog Cohen durch die Amsterdamer Moscheen, um den Gläubigen zu versichern, wie geschmacklos er Wilders’ Machwerk finde.

Cohen ist jüdischer Abstammung und wurde 1947 in Haarlem geboren. Seine Eltern hatten den Holocaust getrennt im Untergrund überlebt; seine Großeltern väterlicherseits wurden im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet.

Der promovierte Jurist war zunächst als Professor tätig – und brachte es bis zum Rektor an der Universität in Maastricht. 1993 wechselte er in die Politik, wurde erst Staatssekretär für Bildung und dann für Justiz – bis er schließlich zum Bürgermeister von Amsterdam gewählt wurde.

Die Idee ist keineswegs neu, dass Cohen doch Premierminister sein könnte. Schon 2003 hatten die Sozialdemokraten ihn für dieses Amt vorgesehen – verloren dann aber die Wahl.

ULRIKE HERRMANN

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