Henkel ganz handzahm

ASYL Von wegen Hardliner: Wie sein Vorgänger lässt Innensenator Frank Henkel die meisten Härtefälle nicht abschieben. Opposition kritisiert CDU-Innensenator dennoch

„Wir begrüßen, dass die Quote halbwegs gehalten wurde“

MONIKA KADUR, FLÜCHTLINGSRAT

Früher gab er sich als Hardliner, in der Flüchtlingspolitik aber bleibt Innensenator Frank Henkel (CDU) auf Linie seines SPD-Vorgängers. Das jedenfalls lassen die aktuellen Zahlen der Härtefallkommission vermuten, die der taz vorliegen. Demnach ist die Zahl derer, denen die Kommission ein Bleiberecht verweigert, unter Henkel nur leicht gestiegen.

Die Härtefallkommission ist für Flüchtlinge der letzte Rettungsanker: Hier kann sich melden, wer vor der Abschiebung steht, aber aus humanitären Gründen doch noch um Asyl bittet. Das letzte Wort hat in der Kommission, die aus sieben Vertretern von Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden besteht, der Innensenator. Und der amtierende, Henkel, setzt die Quote der Vorjahre fort: Er stimmte 65 Prozent der Ersuche zu. Unter seinem Vorgänger Ehrhart Körting (SPD) waren es zwischen 59 und 68 Prozent. 2011, im Jahr des Wechsels von Rot-Rot zu Rot-Schwarz, wurden 70 Prozent der Anträge zugestimmt.

Insgesamt gingen die Abschiebungen unter Henkel sogar noch zurück: 363 Asylbewerber mussten das Land 2012 wieder verlassen. Die Zahl folgt aber nur einem bundesweiten Trend der Vorjahre, der auf die stetig fallenden Zahlen von einreisenden Flüchtlingen zurückging: Wurden in Berlin 2006 noch 1.155 Asylsuchende abgeschoben, waren es 2011 nur mehr 453. Anders dürfte es in diesem Jahr werden: Seit Jahresbeginn kommen so viele Flüchtlinge ins Land wie lange nicht.

Der vorherige Rückgang machte sich auch in der Härtefallkommission bemerkbar: Hier wurde 2012 über deutlich weniger Asylsuchende entschieden als noch im Vorjahr: 269 statt 340. Von ihnen erhielten 172 ein Bleiberecht. Vor einem Jahr waren es 228. Die Abnahme wird in der Kommission auch mit Personalengpässen begründet, die im letzten Jahr zu einem „Antragsstau“ geführt hätten. Für die Flüchtlinge bleibt dies folgenlos, da sie in der Beratungszeit nicht abgeschoben werden.

Mit der Ablehnung von einem Drittel der Härtefälle gehört Berlin allerdings bundesweit weiter zu den restriktivsten Ländern. Hier wiederum verweist die Kommission darauf, dass in Berlin die Aufnahme als Härtefall liberaler als anderswo sei, vermeintlich aussichtslose Fälle nicht sofort abgewiesen würden.

„Wir begrüßen, dass die Quote halbwegs gehalten wurde“, sagt denn auch Monika Kadur, die für den Flüchtlingsrat in der Kommission sitzt. Unklar sei aber, ob auch „schwierige Fälle“, wie straffällig gewordene Flüchtlinge, unter Henkel weiter eine Chance bekämen. Kadur fordert, auch hier bei einer positiven Entwicklung ein Bleiberecht zu gestatten. Ein Sprecher Henkels versicherte nur, dass jeder Fall „individuell und gewissenhaft“ vom Senator geprüft werde.

In der Opposition zögert man dennoch mit Lob an Henkel. „Ich sehe keinen Fortschritt“, moniert Hakan Tas (Linke). Immer noch würden ja ein Drittel der Flüchtlinge abgewiesen. Zudem habe es unter Henkel, anders als bei Körting, keinen Winterabschiebestopp mehr gegeben, so Tas. „Der Innensenator hat sich für diese Abschiebungen sogar noch gefeiert.“

Pirat Fabio Reinhardt übt auch grundsätzliche Kritik: „Die Kommission ist weiter nur Bittsteller.“ Es sei nicht erkennbar, nach welchen Kriterien Henkel über die Ersuche entscheidet. „Da fehlt jede Transparenz“, so Reinhardt. Auch müssten die Flüchtlinge oft zu lange auf die Entscheidung warten, teils im Abschiebegewahrsam. „Zumindest für die Dauer der Prüfung sollte eine Duldung ausgesprochen werden.“ KONRAD LITSCHKO