Kirche muss weiter sühnen

MISSBRAUCH Der Streit zwischen den Bischöfen und der Justizministerin setzt sich fort. Einen runden Tisch lehnen sie ab. Auch der Internatsleiter von Ettal tritt nach Vorwürfen ab

„Es gibt bei Verdacht keine Anzeigepflicht“, sagt der Trierer Bischof Ackermann

VON PHILIPP GESSLER

Die gerade in Freiburg beschlossenen Maßnahmen der katholischen Bischöfe gegen Kindesmissbrauch finden nur ein geteiltes Echo. Zugleich ging ihr Streit mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) weiter. Während der neue Sonderbeauftragte der Bischöfe gegen den Missbrauch, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, seine ersten Schritte erläuterte, trat nun auch der Internatsleiter im oberbayerischen Kloster Ettal wegen eines Missbrauchsskandals zurück.

Die Beschlüsse der Bischofskonferenz werte Leutheusser-Schnarrenberger als einen Schritt in die richtige Richtung, erklärte ihr Sprecher. Es sei gut, dass ihre Kritik „Wirkung gezeigt hat“, sagte er. Allerdings hatten sich die Bischöfe schon zuvor im Wesentlichen auf eine Verschärfung ihrer acht Jahre alten Leitlinien gegen Kindesmissbrauch in der Kirche verständigt.

Die Ministerin und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, wollen sich in Kürze zu einem Gespräch treffen. Ein Termin steht noch nicht fest. Zollitsch lehnt weiter den von der Justizministerin vorgeschlagenen runden Tisch zu den Missbrauchsfällen als ein „staatlich verordnetes“ Gremium ab.

Der Streit mit der Ministerin war durch ihren Vorwurf provoziert worden, die Kirche arbeite bei Missbrauchsfällen mit den Behörden nicht konstruktiv zusammen. Erzürnt hatte Zollitsch ihr daraufhin ein Ultimatum für die Rücknahme der Kritik gesetzt. Bei einem Telefonat mit Angela Merkel (CDU), war die Kanzlerin ihm öffentlich beigesprungen. Auch Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat mittlerweile Kritik an Leutheusser-Schnarrenberger geübt.

Der neue Sonderbeauftragte der Kirche, Bischof Ackermann, erklärte, allen Hinweisen auf Kindesmissbrauch werde er „offensiv und lückenlos“ nachgegangen. Zugleich verwahrte er sich gegen Vorwürfe, die Kirche würde die Strafverfolgung behindern. „Es gibt bei Verdacht keine Anzeigepflicht“, sagte der Bischof. Das sei gängige Rechtspraxis. Außerdem hatten die Bischöfe schon in Freiburg auf Experten verwiesen, die meinen, eine Anzeigenpflicht könne auch für die Opfer kontraproduktiv sein: weil es die Hemmschwelle reuiger Täter erhöhe, ihre Verbrechen selbst zu melden.

Im Kloster Ettal trat nach dem Abt auch dessen Stellvertreter und Schulleiter des dortigen Internats, Pater Maurus Kraß, von seinen Ämtern zurück. Er übernehme damit die Verantwortung dafür, dass bei Missbrauchsvorwürfen aus den Jahren 2003 und 2005 die Meldepflicht des Klosters gegenüber der Erzdiözese verletzt worden sei. Weitere Missbrauchsvorwürfe werden gegen die Erzabtei St. Ottilien erhoben. Dort wurde ein ehemaliges Ordensmitglied beschuldigt.

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