MANFRED KRIENER ÜBER DANIEL BAHRS ORGANSPENDEN-KAMPAGNE
: Ein Herz für Chirurgen

Die Krokodilstränen von Gesundheitsminister Bahr fließen in Sturzbächen. Menschen müssen sterben, weil nicht genug Organe bereitliegen. Kriminelle Ärzte haben das Vertrauen zerstört. Jetzt soll die Spendenbereitschaft der herzlosen Deutschen mit teuren Kampagnen wiederhergestellt werden. Die Kampagne ist ja durchaus sinnvoll. Nur: Wann fragt der Gesundheitsminister sich und seine Partei, was sie selbst zur Havarie der Transplantationsmedizin beigetragen haben? Ist es nicht am Ende auch die FDP, die den Virus des „Marktgedankens“ ins Gesundheitssystem implantiert und immer stärker forciert?

Wie Mehltau liegt das merkantile Denken über den Krankenhäusern und Arztpraxen. Und auch über den Transplantationszentren. Wer mehr transplantiert, erhält mehr Case-Mix-Punkte, dessen Abteilung steht im harten ökonomischen Wettkampf der einzelnen Abteilungen der Krankenhäuser besser da. Und im Ranking der Kliniken untereinander. Die Ökonomie hat die Chirurgie fest im Griff.

Es geht eben nicht um die große kriminelle Energie, wie Bahr es formuliert. Man muss nur die Kranken ein klein wenig kränker machen, damit sie auf der Warteliste für eine neue Leber oder ein Herz nach oben rutschen. Damit der Chirurg seinem Patienten, der ihn täglich mit großen Kulleraugen anblickt, endlich helfen kann. Damit die Abteilung und die Klinik im ökonomischen Rattenrennen gut dastehen. Und damit sich auch der eigene Ruhm vermehrt.

Es ist vollkommen nachvollziehbar, dass die Deutschen dieser Medizin misstrauen. Auch die horrende Zahl der unnötigen Operationen zeigt die Auswüchse des wirtschaftlichen Diktats. Die Folge: Das nötige Urvertrauen zwischen Heiler und Patient ist dahin. Noch so viele Kampagnen können diesen Systemfehler im Gesundheitswesen nicht heilen.

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