Seepferdchen oder Bronze

SPORTABZEICHEN Schulsenator Ties Rabe stellt das neue Konzept zum Schulschwimmen vor. 2008 hatte die SPD konkrete Forderungen – die setzt sie jetzt aber selbst nicht um

■ Seepferdchen/Frühschwimmer: Sprung vom Beckenrand und 25 Meter schwimmen. Gegenstand aus schultertiefem Wasser holen.

■ Bronze/Freischwimmer: 200 Meter in 15 Minuten schwimmen. Gegenstand aus zwei Metern Tiefe holen, Sprung aus einem Meter Höhe, Kenntnis der Baderegeln.

■ Silber/Fahrtenschwimmer: 400 Meter in 25 Minuten schwimmen. Zusätzlich zwei Mal Gegenstand aus zwei Metern Tiefe holen, zehn Meter tauchen, Sprung aus drei Metern, Kenntnis der Baderegeln und der Selbstrettung.

■ Gold/Jugendschwimmschein: Verschiedene Schwimmstile in unterschiedlichen Zeiten, drei Ringe aus zwei Metern Tiefe holen, 15 Meter tauchen, Sprung aus drei Metern, 50 Meter Transportschwimmen, Kenntnis der Baderegeln und bei Unfällen.

VON JAN SCHWENKENBECHER

Für „vollkommen unmöglich“ hält Peter Stielert das neue Modell zum Schulschwimmen, das Schulsenator Ties Rabe heute vorstellen will. „Ein Drittel der Schüler soll künftig in der Sport- und Wasserstadt Hamburg nicht schwimmen können. Das ist ein Skandal“, so Stielert. Der 58-jährige Vorsitzende des Sportausschusses der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) glaubt nicht, dass das neue Konzept dazu führt, dass „für alle Schüler die Schwimmfähigkeit sichergestellt wird“, wie es in Rabes Einladung zur Vorstellung des Modells heißt.

Der Schwimmunterricht unterteilt sich aktuell in zwei Halbjahre. Die erste Hälfte findet in der dritten oder vierten Klasse statt, die zweite Hälfte wird in der sechsten Klasse absolviert. Das neue Konzept hingegen sieht vor, dass der gesamte Schwimmunterricht in der Grundschule abgewickelt wird: in Klasse drei und vier. Der Zeitraum zwischen den Phasen wird verkürzt, um den Lerneffekt zu erhöhen.

Da alle Kinder schwimmen lernen sollen, weil „das Schwimmen gerade für eine Stadt mit einer großen wassersportlichen Tradition ein wichtiges Element der Bewegungskultur ist“ und „Voraussetzung und Schlüssel zu allen Wassersportaktivitäten“ ist, formulierte die CDU im Jahr 2006 Vorgaben. Nach der Grundschule sollen demnach 95 Prozent der Kinder das Seepferdchen und 70 Prozent den Freischwimmer, also Bronze, haben. Am Ende des Schwimmunterrichts nach der sechsten Klasse sollen 95 Prozent der Kinder das Bronze-Abzeichen haben und damit als schwimmfähig gelten.

Auch Rabe sah das 2008 so: „Wer das Seepferdchen gemacht hat, kann sich ein paar Minuten über Wasser halten – aber noch längst nicht schwimmen.“ Deswegen warb die SPD damals für ein Zehn-Punkte-Programm, das sicherstellen sollte, dass alle Hamburger Schulkinder am Ende der sechsten Klasse das Bronze-Abzeichen gemacht haben.

Im neuen Konzept ist das allerdings nicht mehr vorgesehen. Da der gesamte Schwimmunterricht in der Grundschule stattfindet, müssten am Ende der vierten Klasse alle Kinder schwimmen können. Das neue Modell übernimmt aber die aktuelle Vorgabe für diesen Zeitpunkt, obwohl der Schwimmunterricht in der Grundschule künftig den doppelten Umfang erhält. Am Ende des Schwimmunterrichts sollen daher lediglich 70 und nicht mehr 95 Prozent Bronze haben.

Die CDU lagerte 2006 den Schwimmunterricht aus den Schulen aus, um zu sparen. Der Etat für den Schwimmunterricht wurde um 75 Prozent gekürzt. Seitdem übernehmen Bäderland Hamburg und der Verein Aktive Freizeit die Betreuung der Schüler, die das Schwimmen von externen Schwimmlehrern lernen sollen.

Die SPD forderte 2010, nach einem Beschluss auf dem Landesparteitag, die CDU dazu auf, den Schwimmunterricht wieder zurück an die Schulen zu verlagern, weil „die Herauslösung des Schwimmens aus dem Sportunterricht erhebliche pädagogische Nachteile mit sich bringt“. Ihr neues Modell sieht dies jedoch nicht vor.

Stielert wünscht sich den Schwimmunterricht zurück an die Schulen und hält nichts von der externen Lösung: „Schwimmen ist Teil des Sportunterrichts. Da gibt es keine Diskussion.“