Jubel in der Kita

Fünf Städte und Kommunen dürfen in Niedersachsen testweise Vorschriften aussetzen

Moderatoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie stets den passenden Spruch auf der Lippe haben. Quasi in die Gottschalk-Liga katapultierte sich gestern Christian Wulff mit einem Tucholsky-Zitat: „Wenn wir sonst nichts haben, Bedenken haben wir immer noch“. Große Bedenken hatte in Wulff-Land Niedersachsen das Modellkommunen-Gesetz hervorgerufen, nach dem fünf Landkreise und Städte probeweise für drei Jahre etwa 100 Vorschriften streichen dürfen, im Sinne des Bürokratieabbaus. Nun ist es in Kraft und wird sogar wissenschaftlich begleitet.

Nicht überall im Land waren die Bedenken gleich groß. Im Kindergarten in Bissendorf habe das Modellkommunen-Gesetz geradezu „Jubel“ ausgelöst, sagte der Osnabrücker Landrat Manfred Hugo. Für seinen Landkreis entfalle nun die Vorgabe, dass in Kitas zwei Quadratmeter pro Kind in einem Raum vorgehalten werden müssen, jubilierte Hugo. In Bissendorf hatte man zwar die nötigen Quadratmeter, aber in mehreren Räumen. Ein Ausbau nach Vorschrift hätte 150.000 Euro gekostet. In anderen Kommunen hingegen hatten Eltern und Kinder gegen den Wegfall der Vorschrift mit Plakaten wie „Keine Käfighaltung für uns“ demonstriert.

Auch der von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gerügte Abbau der Mitbestimmung beschneide nur „die Auswüchse“ des Personalvertretungsgesetzes, sagte Lüneburgs Stadtdirektor Peter Koch – bemerkenswert, weil dort immerhin die SPD die politische Mehrheit hat. Die Einigungsstelle, deren Funktionen beschnitten werden, sei in Lüneburg seit 20 Jahren nicht angerufen worden. Koch: „Das ist wirklich kein Dammbruch.“

Für Hermann Bröring, Landrat im Kreis Emsland, ist die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren am wichtigsten, weil die Grenzregion in Konkurrenz zu den Niederlanden stehe: „Das Gesetz macht uns alle ganz schön flott.“ Der Cuxhavener Landrat Kai-Uwe Bielefeld lobte die probeweise Abschaffung des Spielplatzgesetzes: „Danach mussten wir Spielplätze bauen, auch wenn es in der Gegend gar keine Kinder gab“, sagte Bielefeld. Nun könne die Verwaltung selbst entscheiden. ksc