Pharmatests in der DDR

STUDIEN Bis zu 50.000 Bürger betroffen

BERLIN taz | Die DDR war in den 80er Jahren für westliche Pharmakonzerne eines der wichtigsten Testgebiete. Das hatte der Mitteldeutsche Rundfunk schon Ende 2012 enthüllt. Im Auftrag der Westindustrie wurden demnach in mehr als 150 Studien noch nicht zugelassene Medikamente an DDR-Bürgern getestet, ohne dass diese hierüber informiert gewesen wären oder zugestimmt hätten.

Vorige Woche berichtete der Spiegel unter Berufung auf bislang nicht bekannte Akten der Stasi und von DDR-Einrichtungen, das Ausmaß dieser Studien ohne vorherige Patientenaufklärung sei noch deutlich höher. Bis zu 50.000 Menschen könnten betroffen sein.

Die heutige Berliner Universitätsklinik Charité war vor dem Mauerfall das führende Krankenhaus der DDR. Sie hat nun eine systematische Untersuchung der Vorwürfe durch ihr Institut für Medizingeschichte angekündigt. Im Vordergrund soll die zeithistorische Aufarbeitung stehen.

Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, der Parlamentarische Staatssekretär Christoph Bergner (CDU), schließt auch strafrechtliche Konsequenzen nicht aus. Bergners dem Bundesinnenministerium zugehörige Stelle werde zwei Drittel der Kosten der Studie übernehmen, hieß es aus Regierungskreisen. Auch die Bundesärztekammer sagte eine finanzielle Beteiligung zu. Wie viel die Studie kosten wird, ist noch nicht bekannt.

Ob und in welcher Höhe sich daneben die Bundes- und Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Patientenvertreter sowie der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) an der Studie beteiligen, ist noch unklar. Der vfa erklärte, der Verband stehe für Gespräche bereit. Die Tests hätten damals jedoch dem allgemein üblichen Standards für klinische Studien entsprochen. HH