Widerstand gegen FU-Malusregel wächst

StudentInnen an der Freien Universität werden mit einem Maluspunktesystem traktiert. Wer nicht effizient studiert, bekommt Minuspunkte, die zur Exmatrikulation führen können. Nun gibt es Hoffnung, dass dieses System wieder abgeschafft wird

von Waltraud Schwab

Die Verwaltungssoftware Campus Management an der Freien Universität (FU) ist nicht nur bei den Studierenden in die Kritik geraten. Selbst der Senat räumt nun in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Erik Schmidt ein, dass es „Probleme“ bei der Einführung der Software gegeben hat. Insbesondere das Maluspunktesystem, mit dem die Studierenden reglementiert werden, stößt auf Widerspruch. Mittlerweile habe auch die Universitätsleitung der FU eingeräumt, „dass das Maluspunktesystem eine unbillige Härte ist“, sagte Brigitte Reich, die zuständige Referentin des Wissenschaftssenators.

Aufgrund der Proteste wurde das Maluspunktesystem Ende vergangenen Jahres erst einmal ausgesetzt. Die Einführung des Campus Management, das unter anderem die Vergabe von Scheinen automatisiert, war einer der Auslöser des Warnstreiks an der FU im vergangenen Dezember. Studentenvertreter bezeichneten das System als Schritt hin zum „gläsernen Studenten“.

Die Negativpunkteregelung, die es so nur an der FU gibt, ist komplex. Sie bringt viele Studierende in die Bredouille, da sie zur Exmatrikulation führen kann. Als unfair wird etwa bewertet, dass Studierende, die nicht innerhalb von zwei Semestern 30 Leistungspunkte erwerben, zwei Maluspunkte angerechnet bekommen. Die 30 Punkte müssen aber nicht nur im ersten und zweiten, sondern überlappend auch im zweiten und dritten Semester erreicht werden. Deshalb kassieren Studierende, die im zweiten Semester etwa durch Krankheit ihre Leistungspunkte nicht schaffen, und dies im dritten nicht ausgleichen können, insgesamt vier Maluspunkte. Für den Ausfall in zweiten Semester werden sie also doppelt bestraft. Studentenvertreter der FU bezeichnen es unisono als unmöglich, fehlende Leistungspunkte in einem Semester nachzuholen. Das erforderliche Arbeitspensum sei weder zeitlich noch inhaltlich zu schaffen.

Exmatrikuliert wird, wie im Fachbereich Chemie, ab vier Maluspunkten. Andere Fachbereiche sind je nach Studienordnung ein wenig kulanter. Negativpunkte können Studierende auch sammeln, wenn sie sich etwa in einem Seminar eingeschrieben haben, dort aber nicht die erforderlichen Leistungsnachweise erbringen. Da die Studierenden sich derzeit bereits zur ersten Seminarsitzung verbindlich anmelden müssen, ohne den Inhalt, den Dozenten und dessen pädagogisches Vorgehen zu kennen, sind Fehlerquoten programmiert.

Dies scheint auch von der Universitätsleitung und dem Senat erkannt worden zu sein. Nach Aussage der Senatssprecherin Brigitte Reich wolle sich die Unileitung auf die Forderung der Studierenden nach einer so genannten Shopping-Phase am Semesterbeginn einlassen. Unklar sei noch, nach wie vielen Sitzungen eines Seminars sich Studierende in Zukunft verbindlich anmelden müssen.

Sowohl die Technische Universität als auch die Humboldt-Universität lösen das anders. Dort entscheidet über die Exmatrikulation, ob Studierende die jeweiligen Seminarprüfungen bestehen. Wer durchfällt, kann diese zweimal wiederholen. Beim Bachelor ist jede Seminarprüfung Teil der Abschlussprüfung.

Die Kritik des FU-Asta am ausschließlich digitalen Campus Management der FU ist noch umfassender. „Am Ende steht der gläserne Student“, meint David Gutzmann. Das rigide und reglementierende System wirke sich zudem auf die Inhalte und die Art der Wissensvermittlung aus. Abfragbares Wissen stehe im Vordergrund. Multiple-Choice-Verfahren seien das Nonplusultra. „Das selbstständige Denken wird vernachlässigt. Wenn ich zwischen zwei Antworten wählen soll, ist kein Platz mehr da, um Kritik zu formulieren.“

Goran Krstin, der Sprecher des FU-Präsidenten, bestätigte lediglich die Aussetzung der Malusregelung. Über eine Abschaffung des Systems entscheide der Akademische Senat, meinte er.