Vorbild für andere Frauen

Der neue Gouverneur des Bezirks Ramallah und al-Bireh trägt ein Kopftuch. Laila Ghannam ist die erste Palästinenserin, die einen solchen Posten bekleidet. Die 34-jährige promovierte Psychologin folgt damit ihrer deutlich älteren Kollegin Janette Khuri, die als erste palästinensische Bürgermeisterin vor vier Jahren ins Rathaus von Ramallah einzog.

Für Ghannam kam die Beförderung auf den einflussreichen Posten als eine Art Ausgleich dafür, dass sie im Sommer bei der Wahl zum Fatah-Revolutionsrat scheiterte. Die von Kollegen als „kluge, liberale und gut vernetzte“ Frau beschriebene Politikerin nimmt jetzt eine weitere Stufe auf der Treppe ihrer steilen politischen Karriere.

Schon mit 22 wurde sie in die Studentenvertretung der Offenen Universität al-Kuds gewählt. Profiliert hat sie sich schließlich als Generaldirektorin im Ministerium für Soziales und zuvor als Chefin des „Watan-Zentrums für Frauen in Führungspositionen“. Ihren ehemaligen Kursteilnehmerinnen könnte sie kein besseres Beispiel geben.

Der Bezirk Ramallah und al-Bireh ist einer von 16 Gouvernements im Westjordanland und Gazastreifen. Ghannam hatte schon seit einigen Monaten den Posten der amtierenden Vizegouverneurin inne, bis Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sie letzte Woche in ihrem neuen Amt vereidigte. Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Frauen liegt ihr besonders am Herzen. Eigene Kinder hat die geschiedene Frau nicht.

Mit fünf Geschwistern und einem Hund wuchs Laila in dem Dorf Deir Debwan auf, das unter Palästinensern als 52. Bundesstaat der USA gehandelt wird, weil viele vorübergehend dort gelebt haben. Dazu gehört auch Lailas Vater, der heute Bauunternehmer im Westjordanland ist. Seine ehrgeizige Tochter ging jedoch zum Studium nach Ägypten, wo sie sich in Psychologie und Pädagogik einschrieb.

„Wenn sie die Zeit findet, liest sie am liebsten Bücher aus ihrem Fach oder politische Dokumentationen“, erzählt Lailas Schwester Fatom. In der Hoffnung, dass sie der Tante ähnlich wird, hat sie ihre eigene Tochter Laila genannt. „In unserer Familie gibt es schon sechs kleine Lailas“, sagt die stolze Schwester.

SUSANNE KNAUL