Bitte ganz entspannt genießen

DOKUMENTARFILM Eine Reise durch Deutschland, immer der Arbeit auf der Spur mit der Frage, was überhaupt von ihr zu halten ist. „Future Works“ von Nataša von Kopp ist ein kluger und dabei auch Spaß machender Film, der derzeit im Lichtblick-Kino zu sehen ist

Es geht um „lebendige“ Arbeit und das Hamsterrad Arbeit

„Arbeit, Arbeitslosigkeit, Zukunftstechnologien, Ökonomie, Gemeinschaft, Grundeinkommen, Selbstverwirklichung, Erfüllung, Kunst. Was ist eigentlich Arbeit? In welche Richtung wird sie sich entwickeln?“

Der Dokumentarfilm „Future Works“ von Nataša von Kopp beschäftigt sich kaleidoskopartig und stilistisch vielfältig mit großen Fragen, die jeden angehen, auch einen selbst, wenn man (gestresst aus Angst, den Text nicht richtig hinzukriegen) über den Film schreibt. Leider kann man sich dann gerade nicht zurücklehnen und den Film entspannt genießen, wie eingangs des Films empfohlen wird, sondern sitzt aufrecht und macht sich Notizen über die Reise durch Deutschland, auf die einen „Future Works“ mitnimmt.

Auf dieser Reise begegnet man dem Unternehmer Götz Werner, Gründer des Unternehmens „dm-drogerie markt“, der sich seit 2005 für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzt und es mit dem „Los“-Feld bei Monopoly vergleicht. Man begegnet der Autorin und Berufsberaterin Uta Glaubitz, die seit 1996 Seminare zur Berufsfindung veranstaltet und erklärt, wie eine falsche Berufswahl, nicht nur unglücklich macht, sondern auch krank macht. Man lernt die Menschen kennen, die sich 1979 in der „Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim“ zusammengeschlossen haben, auf der Suche nach Arbeit, Unterkunft und einem menschenwürdigen Leben ohne Fremdbestimmung und Ausbeutung. „Hier hat jeder ein Recht auf Arbeit, egal wie gebildet, wie alt oder wie gesund er ist“, heißt es in der Broschüre zu ihrem 30-jährigen Bestehen. Man stutzt kurz, dass die „Sozialistische Selbsthilfe“ auch einen Meditationsraum mit Buddhafiguren hat.

Kurz schauen die Filmemacher bei den Prinzessinnengärten in Berlin vorbei. Es gibt Gespräche mit Arbeitern aus Esslingen, die für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze in einer Bildröhrenfabrik in den Hungerstreik traten und erklären, dass es bei der Arbeit eben nicht vor allem um Geld, sondern um „Freude“ geht. Es gibt Ausschnitte einer Aufführung des Staatstheaters Nürnberg, bei der Arbeitende die Handgriffe ihrer früheren Tätigkeiten aufführen. Es geht um „lebendige“ Arbeit und das Hamsterrad Arbeit. Experten und Laien (aber eigentlich ja jeder Experte) erzählen davon, wie sie sich die Zukunft der Arbeit vorstellen. Von der man sich seit achtzig Jahren vorstellt, dass sie irgendwann vor allem von Robotern erledigt sein wird.

Immer wieder taucht auch der in seinen Stricksachen ein bisschen hippiehaft und an Fritz Teufel erinnernde 82-jährige Philosoph Frithjof Bergmann auf. Der Begründer der „New-Work-Bewegung“ erklärt, dass es eigentlich genüge, nur sechs Stunden am Tag zu arbeiten.

Mit nostalgisch wirkenden Super-8-Aufnahmen der Marx-Engels-Figuren in Berlin endet „Future Works“. Der Film ist klug und macht Spaß, weil er mit unterschiedlichen Rhythmen und Stilen arbeitet. Was einen sofort einnimmt, ist, dass er halbwegs persönlich gestaltet ist, dass es einen Off-Kommentar gibt, der den Zuschauer auf die Reise mit nimmt, dass das persönliche Begehren der Filmemacherin, ihr Interesse, nicht versteckt ist, wie in mittlerweile vielleicht 90 Prozent aller Dokumentarfilme. Dass dieser Kommentar persönlich ist, ohne dass sich die Filmemacherin aufdrängt, dass die Off-Stimme auch eher die Stimme eines Kollektivs ist, des Filmteams, zu dem auch noch Wolfgang Busch und Sven Kulik gehören.

Lustig ist, dass „Future Works“, der mit der schönen Sprengung eines Atomkraftwerks beginnt, ursprünglich als dokumentarischer Katastrophenfilm geplant war. DETLEF KUHLBRODT

■ „Future Works“ im Lichtblick-Kino, Sa./So. um 18 Uhr auch mit Diskussion