24 Jahre Haft für Exrebellenchef Henry Okah

NIGERIA Wegen zweier Bombenanschläge in Abuja wird ein Nigerianer in Südafrika verurteilt

Da Okah „extrem wohlhabend“ und gut vernetzt sei, sah das Gericht Fluchtgefahr

JOHANNESBURG taz | Der Nigerianer Henry Okah ist am Dienstag in Johannesburg zu 24 Jahren Haft verurteilt worden. Der ehemalige Anführer der nigerianischen Rebellenorganisation Mend wird für Terroranschläge in seiner Heimat am 1. Oktober 2010 verantwortlich gemacht, dem Unabhängigkeitstag Nigerias. Bei zwei Bombenexplosionen in der Hauptstadt Abuja wurden damals 12 Menschen getötet und 36 verletzt. Okah hat seit seiner Festnahme im südafrikanischen Exil kurz nach den Anschlägen stets behauptet, das Opfer einer politischen Verschwörung zu sein.

Doch vor Gericht verweigerte Okah die Aussage. Daher blieben die vorgelegten Beweise unwidersprochen, das südafrikanische Gericht bewertete Okahs Schweigen zudem als mangelnde Reue. Die Beweise, so das Gericht, zeigten ohne Zweifel, dass der Führer von Mend (Bewegung für die Emanzipation des Niger-Deltas) die Explosionen befohlen habe. Der Richter verurteilte den 46-jährigen Nigerianer zu je 12 Jahren Haft für die beiden Bombenattentate.

Zusätzlich verhängte das Gericht eine 13-jährige Haftstrafe für terroristische Drohungen gegen die südafrikanische Regierung, die Okah und seine Verbündeten gemacht hätten. Diese Strafe läuft allerdings parallel zu den 24 Jahren Gefängnishaft für Okah. Noch im Januar hatte er versucht, Zeugen aus Nigeria holen zu lassen, und eine hilfreiche Rolle im von der nigerianischen Regierung geforderten Friedensdialog für das Niger-Delta zu spielen. Doch die Staatsanwaltschaft wies Okahs Wunsch als Taktik zur Prozessverschleppung ab.

Mend bekämpft mit Waffengewalt die Ölförderung im Niger-Delta. Mend versteht sich als eine politische Organisation, die gegen die Ausbeutung der reichen Ölgebiete durch private Konglomerate in Partnerschaft mit der nigerianischen Regierung in ihrer Heimat kämpft. Sie wollen mehr Rückflüsse aus dem Öl-Reichtum, die der verarmten Bevölkerung im Delta zugute kommen soll. Mend arbeitet als eine Dachorganisation für mehrere bewaffnete Gruppen, die für Kidnapping, Sabotage und Terrorakte verantwortlich sind. Mend hatte zwar die Verantwortung für die Anschläge in Abuja übernommen, jede persönliche Verwicklung ihres Chefs Henry Okah aber bestritten.

Okah, Absolvent der Marineakademie in Nigeria selbst hatte zwar seine Nähe zu Mend bekannt, lehnt jedoch jegliche Verantwortung für die ihm vorgeworfenen Taten ab.

Bei einer Hausdurchsuchung in Johannesburg kurz nach seiner Festnahme 2010 fand die Polizei am Tag nach den Bombenexplosionen von Abuja zahlreiche Belege für den Kauf von Waffen, Granaten und Munition und Geräte für militärische Operationen. Zudem auch ein Tagebuch Okahs aus den Jahren 2006 bis 2010. Demnach sei der 2009 von der nigerianischen Regierung amnestierte einstige Rebell weiter eng mit der Organisation verknüpft, befand das Gericht.

Die Staatsanwaltschaft hatte bei Beginn der jahrelangen Gerichtsverhandlungen eine Kaution für Okah abgelehnt. Seither befand er sich in Haft. Es habe ein erhebliches Fluchtrisiko bestanden, da der Nigerianer „extrem wohlhabend“ und gut vernetzt sei, glaubte die Staatsanwaltschaft. Nigeria hatte keinen Auslieferungsantrag gestellt. Dort würde ihm als verurteiltem Terroristen die Todesstrafe drohen.

MARTINA SCHWIKOWSKI