Etappensieg für den Luxus

PROZESS Bewohner eines Hauses in Moabit müs- sen Modernisierung wohl erdulden

„Der Mieter kann kein unverändertes Umfeld erwarten“

RICHTERIN REGINE PASCHKE

In einem Rechtsstreit um Luxussanierungen in der Moabiter Calvinstraße zeichnete sich am Dienstag vor dem Landgericht ein Sieg für den Eigentümer ab. Dieses wollte der Entscheidung des Amtsgerichts zugunsten von sechs Mietparteien, die sich gegen Modernisierungen wehrten, nicht folgen: „Der Mieter kann nicht erwarten, dass das Umfeld unverändert bleibt“, argumentierte die Richterin.

Es geht um ein graues 60er-Jahre-Wohnhaus in der Calvinstraße 21 unweit des Spreeufers. Dessen Eigentümer, die Terrial GmbH, hat links daneben einen Luxusneubau hochgezogen und das benachbarte Haus auf der rechten Seite, das ihm ebenfalls gehört, aufwendig saniert.

Seit Terrial vor einigen Jahren auch mit der Sanierung der Calvinstraße 21 begann, sind viele Mieter ausgezogen. Die übrig gebliebenen sechs Mietergruppen befinden sich seit Jahren im Rechtsstreit mit dem Vermieter. Sie leben auf einer Baustelle und sind häufig Lärm ausgesetzt. Im Treppenhaus sind die Stufen provisorisch mit Spanplatten abgedeckt, der Fahrstuhl wurde ausgebaut. Bundesweit bekannt wurde der Fall, als einer Mieterin durch den angrenzenden Neubau Küchen- und Badfenster zugemauert wurden. Terrial will offenbar auch in der Hausnummer 21 Luxuslofts einrichten. Laut dem Mieter Roman Czapara würde sich nach der Modernisierung die Warmmiete seiner Dreiraumwohnung von derzeit 650 Euro auf 1.000 Euro erhöhen.

Wegen des permanenten Lärms hatten die Bewohner ihre Miete um 10 bis 20 Prozent gemindert. Daraufhin kündigte der Eigentümer ihnen wegen angeblich säumiger Mietzahlungen und zog schließlich mit Räumungsklagen vor Gericht. Um die Kündigungen unwirksam zu machen, zahlten die Bewohner die Rückstände zurück. Das Amtsgericht entschied schließlich, dass die Mietminderungen berechtigt waren.

Dem schloss sich das Landgericht am Dienstag nicht an. Richterin Regine Paschke folgte nicht der Argumentation der Mieter, dass eine Minderleistung erbracht wurde, weil eine Baustelle zu ertragen gewesen war. Vor dem Landgericht geht es nun aber vor allem um die Eigentümerklage auf Duldung der geplanten Modernisierung.

Die Richterin regte eine Einigung von Mietern und Vermieter an – etwa indem Letzterer die Mieter durch Zahlungen in fünfstelliger Höhe zum Ausziehen bewegt. Die Bewohner beklagten jedoch, dass mit dem Vermieter gar kein vernünftiges Gespräch möglich sei. Roman Czapara sieht solche Zahlungen nur als letztes Mittel: „Ich werde als Letzter das Boot verlassen.“

Es sieht danach aus, als komme der Eigentümer mit seiner Klage auf Duldung der Modernisierung durch. Eine Entscheidung des Landgerichts wird nach Ostern erwartet. MARTIN RANK