Finanzierung von Hochschulgebäuden: Billiger bilden mit Lidl

Die Lidl-Stiftung finanziert einer staatlichen Hochschule im Ländle Gebäude. Dass dadurch die Freiheit der Lehre gefährdet sein könnte, sehen nur wenige.

So schön kann man Konsumgüterhandel oder Dienstleistungsmanagement studieren. Bild: Bildungscampus

BERLIN taz | Wer sparen will, geht zu Lidl. Das gilt inzwischen auch für Hochschulen. Vor zwei Jahren siedelte die Duale Hochschule Mosbach mit einer Außenstelle nach Heilbronn über – und bezog ein Gebäude gleich in der Nähe der Zentrale des Discountriesen.

Die Dieter-Schwarz-Stiftung, zu der Lidl gehört, hatte der Hochschule den Neubau großzügig spendiert. 35 Millionen Euro investierte sie in einen Bildungscampus, auf dem auch stiftungseigene Einrichtungen untergebracht sind. Sie zahlt über 15 Jahre mit circa 60 Millionen Euro auch knapp zwei Drittel der Unterhaltskosten der Hochschul-Außenstelle, kommt für Personal-, Raum- und Sachkosten auf.

Und das Unternehmen stiftet weiter: Nun kündigte die Schwarz-Stiftung an, ein weiteres Gebäude für die Hochschule bauen und die Anschubfinanzierung für ein neues Masterprogramm leisten zu wollen.

Sollte ein Unternehmen eine staatliche Hochschule derart nah an sich heranziehen? Katharina Kaupp, Gewerkschaftssekretärin bei Ver.di Heilbronn-Neckar-Franken, findet das Gebäude-Sponsoring problematisch. „Ich glaube nicht, dass die massive Geldgabe der Stiftung einen kritischen Umgang in der Hochschullehre mit Lidl als Unternehmen begünstigt, im Gegenteil“, sagt Kaupp. Für sie ist klar: „Wenn wir unsere Hochschulen der Wirtschaft überlassen, wird dort zunehmend einseitiger und unfreier gelehrt.“

Dabei wurde die Duale Hochschule erst 2009 in eine staatliche Einrichtung verwandelt. Zuvor existierten Berufsakademien, die von der Wirtschaft getragen wurden. Wer ein duales Studium absolviert, schließt mit einem Betrieb einen Ausbildungsvertrag ab und wechselt dann regelmäßig zwischen Hörsaal und Betrieb. Unabhängiger sind die Hochschulen durch die Umwandlung kaum geworden. Die Unternehmen haben durch Mitspracherechte in den Hochschulgremien Einfluss auf das Studienangebot.

Studiengang Foodmanagement

Modern und schick wirkt der neue Heilbronner Hochschulstandort: Imposant steht das Gebäude-Quartett aus Glas und dunklem Stein in der Innenstadt. Man kann hier BWL-Studiengänge belegen, zum Beispiel Konsumgüterhandel oder Dienstleistungsmanagement. Deren AbsolventInnen sind für Lidl interessant.

Ein neuer Studiengang, Foodmanagement, startet in diesem Wintersemester. Den gab es bisher an einem anderen Standort.

Dass die Stiftung die Hochschule vereinnahmen würde, weist der Geschäftsführer der Schwarz-Stiftung, Erhard Klotz, zurück. „Wir machen nur Angebote und verstehen uns als Impulsgeber“, sagt er. Am Ende entschieden Hochschule und Land. „Es ist keine Lidl-Hochschule.“

Eine Gratwanderung

Die Stiftung mache keine Vorgaben, sagt auch Hochschulpräsident Reinhold Geilsdörfer. „Eine private Finanzierung in bestimmen Teilen halte ich für unproblematisch.“ Man dürfe sich als Hochschule „nicht verkaufen, das ist bei uns auch nicht der Fall.“ Es würde mit „Argusaugen“ auf die Unabhängigkeit geachtet, wenngleich das eine „Gratwanderung“ sei. StudierendenvertreterInnen wollten sich zum Thema nicht äußern; die Hochschule wünsche vorher eine Absprache.

Auf den Lidl-Förderzug springt jetzt eine weitere Hochschule auf: Auch der Fachhochschule Heilbronn bietet die Schwarz-Stiftung den Bau neuer Gebäude an – in Laufweite zum Bildungscampus. Die Hochschule ist interessiert. Man wolle die Gebäude anmieten, sagte eine Sprecherin der FH. Wie hoch die Miete sein oder ob eher ein symbolischer Betrag bezahlt werde, sei noch unklar. „Das Land Baden-Württemberg hätte einen Neubau derzeit nicht finanzieren können“, so die Sprecherin.

Das sagt auch Reinhold Geilsdörfer von der Dualen Hochschule. Ein Ausbau ohne Stiftungsmittel wäre „völlig ausgeschlossen“ gewesen. Über die Ausbaupläne der beiden Hochschulen will die Landesregierung bald entscheiden. Ihre Zustimmung ist wahrscheinlich. Schon im Februar hatte sich Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) für weitere Lidl-Bildungsprojekte offen gezeigt.

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