Urteil: Keine Flugverbotszone überm Müggelsee

Das Oberverwaltungsgericht lehnt ein Verbot der Müggelseeroute ab. Umweltverbände kündigen Revision an.

Bald nicht mehr so friedlichwie jetzt: der Müggelsee. Bild: dpa

Keine neue Flugverbotszone für den BER: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat am Freitag alle Klagen gegen die Flugroute über den Müggelsee abgewiesen. Sowohl für den Müggel- als auch den Wannsee hätten die Routenplaner keine gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfungen vornehmen müssen, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung.

Genau das hatten neun Anwohner, die Deutsche Umwelthilfe und die Naturfreunde Berlin als Kläger gefordert. Im vergangenen Januar hatte das OVG die Flugroute über den Wannsee gestoppt – nicht aus Lärmschutzgründen oder wegen unterbliebener Umweltverträglichkeitsprüfungen, sondern weil die zuständigen Bundesbehörden nicht hinreichend in den Blick genommen hätten, welches Risiko ein Flugzeugabsturz für den Atom-Forschungsreaktor am Wannsee bedeuten könnte.

Für den Freitag rechneten Beobachter mit einer weiteren Niederlage für das zuständige Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF). Sogar Brandenburgs Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider (SPD) hatte kurz vor dem Urteil betont, Wohl und Wehe der Müggelsee-Route hätten keine Auswirkung auf die Festlegung des BER-Eröffnungstermins, für den bis September ein Zeitplan vorliegen soll.

Doch es kam anders als erwartet. Das Gericht gab der Auffassung des BAF Recht: Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei demnach nur für den Neubau eines Flughafens und damit für das Planfeststellungsverfahren vorgesehen, nicht aber für die Festsetzung und Änderungen der Flugrouten.

Selbst die starken Abweichungen der im Januar 2010 vorgestellten Flugrouten vom Planfeststellungsbeschluss gäben keinen Anlass zur Beanstandung.

Öffentlichkeit und Anwohner gingen viele Jahre davon aus, dass Flugzeuge von beiden Bahnen des BER geradeaus abfliegen würden, die Präsentation abknickender Routen im Jahr 2010 war für viele ein Schock. Neben den Umwelt- hatten die Kläger nun auch Lärmschutzaspekte vorgebracht – doch auch unter diesen halte die Müggelsee-Route der rechtlichen Überprüfung stand, so das OVG am Freitag.

Der stellvertretende Landesvorsitzende der Naturfreunde Berlin, Uwe Hiksch, sagte, er sei „völlig überrascht und enttäuscht von der Deutlichkeit des Urteils“. Alle Kläger seien weiter überzeugt, dass Flugzeuge den Müggelsee nicht ohne Umweltverträglichkeitsprüfung überfliegen dürften. Dafür würden Anwohner, Naturfreunde und Deutsche Umwelthilfe in Revision gehen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Diesen Weg hat das OVG „wegen der grundsätzlichen Bedeutung“ der Klage freigegeben. Außerdem kündigte Hiksch an, dass die Naturfreunde eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof vorbereiten würden.

Indessen erklärte das Linken-Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages, Herbert Behrens, dass das Urteil nicht überraschend komme, da das Gericht „den Buchstaben des Gesetzes“ folgen habe müsse. „Doch die Klage hat eine zentrale Schwachstelle im Luftverkehrsrecht auf die politische Agenda gesetzt“, so Behrens. Die Festlegung von Flugrouten müsse künftig den gleichen Grundsätzen unterworfen werden wie Planfeststellungsverfahren. „Es ist niemandem mehr zu vermitteln, dass Bürgerbeteiligung und eine umfassende Überprüfung der Umweltauswirkungen bei der Festlegung der konkreten Routen einfach unterbleiben dürfen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.