PR-Tricks der dänischen Bahn: Die Goldesel-Methode

Um einen kritischen Journalisten ruhigzustellen, hat die dänische Bahn ihn mit anderen Aufträgen überschütten lassen. Eine PR-Agentur gab den Mittelsmann.

Kritischen Journalismus liest man nicht so gern bei der staatlichen dänischen Bahn. Bild: dapd

STOCKHOLM taz | Wie hält man sich einen unbequemen Journalisten vom Hals? Indem man ihn mit Arbeit überschüttet. So dachten sich das offenbar die Verantwortlichen der „Danske Statsbaner“ (DSB), der staatlichen dänischen Bahn, als sie einen merkwürdigen Deal mit einem PR-Büro schlossen.

Auf Kosten der DSB und ohne Wissen des Betroffenen sollte der freiberufliche Journalist mit anderen Aufträgen so ausgiebig gefüttert werden, dass er keine Kapazität für seine kritischen Bahn-Recherchen mehr haben würde. Das ließ sich die DSB dann jährlich rund 30.000 Euro Steuergelder kosten.

Der Journalist, Lars Abild, Spezialist für Transportthemen, hatte zuvor jahrelang erst für die Tageszeitung Berlingske Tidende, dann als Freelancer ein DSB-Thema nach dem anderen ausgegraben und beleuchtet. Stoff gab es genug, von fraglichen Investitionsentscheidungen in unzureichend funktionierende Technik bis zu Fehlern bei der Personalpolitik und kritikwürdigem Umgang mit den KundInnen.

Vor allem waren da aber die Bemühungen des ehemaligen Monopolunternehmens, sich auf dem liberalisierten Bahnmarkt zu behaupten: Die DSB wollte ein internationaler Akteur werden, stieg etwa in den schwedischen Markt ein und sicherte sich mit unrealistischen Billigangeboten den Verkehr auf einigen dortigen Bahnstrecken. Die Millionendefizite wurden einfach dem dänischen Steuerzahler aufgehalst. Erst als sogar Konkursgerüchte auftauchten, warf die DSB 2011 das Handtuch.

Erst anschwärzen, dann Nägel mit Köpfen machen

Lars Abild hatte das Jahre zuvor kommen sehen. „DSB-Minus beim schwedischen Abenteuer“ schrieb er schon 2005. Die Bahn-Verantwortlichen leugneten und versuchten den Journalisten anzuschwärzen. Teilweise erfolgreich: Das dänische Fernsehen stoppte 2009 eine geplante Doku, an der Abild beteiligt war, nachdem der damalige DSB-Direktor interveniert und – fälschlicherweise – behauptet hatte, der Journalist werde vom Konkurrenten Arriva bezahlt.

Danach wollte man offenbar gleich Nägel mit Köpfen machen und schloss den Vertrag mit dem PR-Büro Waterfront. „Um zu sichern, dass er davon abgehalten wird, weiterhin in den Medien Druck auf DSB zu machen“, wie es in einem jetzt öffentlich gewordenen Mailverkehr heißt.

„Nein, ich habe nichts gewusst“ sagt Abild. Dass die DSB „meine Zeit kauft, damit ich keine mehr habe, zu bohren“, habe er sich auch gar nicht vorstellen können. „Niederträchtig“ und „einfach wahnwitzig“ findet Abild das. Eine Einschätzung, die Verkehrsminister Henrik Dam Kristensen teilt: „Solche Methoden habe ich in Dänemark nicht für möglich gehalten, schon gar nicht bei einem Staatsunternehmen.“ „Komplett verrückt“, urteilt der verkehrspolitische Sprecher der regierenden Sozialliberalen und fühlt sich „in die Sowjetunion gebeamt“.

Nicht mal die PR-Branche ist froh

Bei DSB schiebt man alles auf eine mittlerweile ausgewechselte Führungsspitze, aber am Dienstag wurde jedenfalls ein Abteilungsleiter vom Dienst suspendiert und eine unabhängige Untersuchung angekündigt. Nicht nur aus moralischen Gründen skandalös sei der fragliche Vertrag, sondern möglicherweise auch rechtlich relevant, meinen Medienjuristen, schließlich sei Geld geflossen mit der Absicht, einen Journalisten an seiner Arbeit zu hindern.

Und nicht einmal die PR-Branche ist froh. Gegen deren „ethische Richtlinien“ verstoße so etwas, beteuert Morten Grøn, Vorsitzender der „Public Relations Branchen“.

Abild will nun eine Strafanzeige stellen: DSB und Waterfront tauschten nämlich auch noch Details über seine Gesundheit aus. Was ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz sein könnte.

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