Kommentar Härtefallkommission: Offene Flanke geschlossen

So lange nicht wenigstens die Hälfte der Kommissionsmitglieder aus der Zivilgesellschaft kommen, werden positive Bescheide von Härtefallanträgen in Niedersachsen also die krasse Ausnahme bleiben.

Die Reform von Niedersachsens Härtefallkommission ist wie erwartet kosmetischer Natur. Zwar kann sie nun mit einfacher statt mit Zweidrittel-Mehrheit Gnade gewähren – aber es ist immer noch die Mehrheit der Stimmberechtigten gefordert, nicht die der Anwesenden. Die Vertreter staatlicher Stellen können sich also weiterhin leisten, Sitzungen zu schwänzen, ohne damit die Kontrolle aus der Hand zu geben.

Die Erfahrung zeigt: Diese Fünfergruppe ist dem Sachzwang und der Verwaltungslogik verpflichtet, die mit humanitären Erwägungen selten kompatibel sind – und stimmt in der Regel im Block. So lange nicht wenigstens die Hälfte der Kommissionsmitglieder aus der Zivilgesellschaft kommen, werden positive Bescheide von Härtefallanträgen in Niedersachsen also die krasse Ausnahme bleiben. Zumal die höchste Zulassungshürde bleibt: nach dem Abschiebetermin keine Befassung mehr. Welcher Flüchtling überblickt so etwas in seiner Lage? Und wie soll er das Vertrauen aufbringen, sich an staatliche Stellen zu wenden?

Trotzdem hat CDU-Innenminister Uwe Schünemann sein Ziel offenbar auch mit diesem winzigen Entgegenkommen erreicht: Die Kirchen signalisieren Zufriedenheit und werden also wohl künftig wieder in der Kommission mitarbeiten. Womit Schünemann im Hinblick auf den bevorstehenden Landtagswahlkampf eine wichtige offene Flanke geschlossen hätte.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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