Kommentar Nobelpreisrede von Suu Kyi: Wermutstropfen einer guten Rede

Mit 21 Jahren Verspätung hält Aung San Suu Kyi eine Friedensnobelpreisrede. Sie ist konstruktiv und gut – aber spart ein Thema leider aus.

21 Jahre später: Aung San Suu Kyi im Rathaus von Oslo. Bild: reuters

Rund 21 Jahre, nachdem ihr der Friendensnobelpreis zugesprochen wurde und ihr damals bei einer Reise nach Oslo jahrelanges Exil gedroht hätte, konnte Birmas standhafte Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi am Samstag die Auszeichnung dort endlich persönlich entgegen nehmen.

In ihrer geradezu staatsmännischen Dankesrede erklärte sie nicht nur, wie der prestigeträchtige Preis ihr half, den jahrelangen Hausarrest zu überstehen, sondern sagte auch viel Gutes und Richtiges. Etwa, dass über ihre Freilassung nicht die noch verbliebenen politischen Gefangenen in ihrer Heimat vergessen werden dürften. Jeder politische Gefangene sei einer zu viel.

Suu Kyis Rede war konstruktiv, voll gesunder Skepsis, vorsichtigem Optimismus und beseelt vom Glauben an universelle Werte, die sie aus buddhistischer Perspektive erläuterte. Sie erwähnte auch die anhaltenden Konflikte mit den ethnischen Minderheiten wie die jüngsten tödlichen Unruhen im Westen Birmas. Nur wenige Stunden zuvor hatten die Behörden die Zahl der dortigen Todesopfer der letzten Woche von 29 auf 50 erhöht.

Doch wer von Suu Kyi eine klare Stellungnahme zum Konflikt im westbirmesischen Staat Rakhaing zwischen der muslimischen Minderheit der Rohingya und der dortigen Ethnie der buddhistischen Arakanesen erhofft hatte, wurde enttäuscht. In der letzten Woche hatte es in Birmas Öffentlichkeit selbst von einigen Demokratieaktivisten rassistische Ausfälle gegen die offiziell nicht als Minderheit anerkannten Rohingya gegeben. Von Suu Kyi waren dazu bisher nur allgemeine Appelle der Zuammenarbeit gekommen und dass rechtsstaatliche Verhältnisse den Konflikt gar nicht hätten eskalieren lassen.

Jetzt hat die Friedensnobelpreisträgerin leider die Chance nicht genutzt, dass prestigeträchtige Osloer Forum zu einem eindringlichen Appell an ihre Landsleute zu nutzen, der rassistischen Diskriminierung eine klare Absage zu erteilen und die Rohingya endlich als vollwertige Staatsbürger anzuerkennen. Damit hätte sich Suu Kyi sowohl einige Feinde gemacht, wie auch zu einer friedlichen Konfliktlösung beitragen können.

Sie hat schon sehr viel Mut bewiesen und den Friedensnobelpreis zweifellos verdient. Doch zur Bekämpfung des gegen die Rohingya gerichteten Rassismus bedarf es nicht nur funktionierender demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen, sonder auch mutiger Worte und Taten. Und wer wäre dazu in Birma nicht besser geeignet als die Friedensnobelreisträgerin?

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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