Kommentar: Offenbarungseid in Hannover: Im Augias-Stall

Die Folge-Schäden der Agrarindustrialisierung in Niedersachsen zu reparieren ist eine große technische Aufgabe - aber klein im Vergleich zur politischen, die Lobby zum Umdenken zu bringen.

Völlig jenseits von Gut und Böse bewegt sich Niedersachsens Agrarlobby: Da treten die ihr wirklich wohlgesinnten Landesminister für Landwirtschaft, Gert Lindemann (CDU), und für Umwelt, Stefan Birkner (FDP), an die Öffentlichkeit - und geben bekannt, dass etwas falsch läuft.

Die beiden räumen ein, dass die Kritiker ihres Agrarindustrialisierungs-Kurses Recht haben. Sie bestätigen, dass der systemische Kreislauf Landwirtschaft zerbrochen ist, dass die Abfälle der Tierproduktion die Böden vernichten und die Gewässer verseuchen. Und der Agrar-Lobbyvertreter Heinz Korte, Vizepräsident des Landvolks - so heißt in Niedersachsen der Bauernverband -, was tut der? Der fordert mehr Geld für die Verursacher. Schrill.

In diesem Selbstverständnis spiegelt sich indes nur die lange eingenommene devote Haltung des Landes gegenüber dieser Lobby: Niedersachsens Regierung hat unter Agrarpolitik seit Jahrzehnten nichts anderes verstanden, als die gesellschaftlichen Lasten dieser Industrie so vollständig wie nur möglich auf die Gesellschaft abzuwälzen. Groß ist die daraus erwachsende technische Folge-Aufgabe der Sanierung von Luft, Böden und Gewässern. Doch ungleich größer ist die politische: Es geht darum, die Agrarindustrie wenigstens teilweise an den Kosten zu beteiligen. Nur dann fängt sie an, umzudenken. Das hinzukriegen ist ein wahrhaft herkuleischer Job.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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