Parteistiftungen übernehmen Mehrheit: „Saarbrücker Staatsnahe Zeitung“

Die „Saarbrücker Zeitung“ ist Monopolblatt im Saarland. Jetzt wird sie vom Holtzbrinck-Konzern an eine Gesellschaft verkauft, die parteinahen Stiftungen gehört.

Und wem gehört sie? Leserin der „Saarbrücker Zeitung“. Bild: imago / becker&bredel

Alle reden von Staatsferne bei der Presse. Nur im Saarland ticken die Uhren anders. Am Mittwochmorgen verkündet die Saarbrücker Zeitung per Aufmacher im eigenen Blatt, dass sie künftig wieder in den quasi-parteilichen Schoß zurückkehrt, aus dem sie einst kroch. Das Problem: Sie ist die einzige Regionalzeitung im ganzen Saarland.

Stefan von Holtzbrinck, Verlagsspross des gleichnamigen Medienkonzerns, möchte sich schon länger von seinen regionalen Zeitungen trennen. 52 Prozent hält er derzeit am Verlag der Saarbrücker Zeitung, zu dem neben der einzigen Zeitung des Saarlandes auch der Pfälzische Merkur (Zweibrücken), der Trierische Volksfreund und die Lausitzer Rundschau aus Cottbus gehören.

Bis 2014 sollen diese Anteile in zwei Tranchen an die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung mbh (GsB) übergehen, die schon heute 26 Prozent am Verlag hält. Doch trotz Rechtsform als GmbH ist die GsB kein ganz normales Unternehmen – sie gehört nämlich drei parteinahen Stiftungen: Gesellschafter der GsB sind die Union Stiftung (40 Prozent, CDU-nah), die Demokratische Gesellschaft Saarland e.V. (40 Prozent, SPD-nah) und die Villa Lessing –Liberale Stiftung Saar e.V. (20 Prozent, FDP-nah).

Wegen des besonderen Status des Saarlandes nach dem Zweiten Weltkrieg – es war bis 1957 als autonomes Gebiet wirtschaftlich ein Teil Frankreichs – war die Saarbrücker Zeitung bis 1969 in Staatsbesitz, wurde dann an die zu diesem Zweck gegründete GsB übertragen und von dieser (teil-) privatisiert.

Weniger Standbeine

„Wir wollen uns im globalen Wettbewerb auf weniger Standbeine konzentrieren, auf Bildung und Wissenschaft, auf Literatur, auf digitale Geschäftsmodelle“, begründet Stefan von Holtzbrinck im Interview in der Saarbrücker Zeitung den Verkauf. An der Wochenzeitung Zeit werde er aber festhalten. Über die von seinem Halbbruder Dieter von Holtzbrinck gehaltenen Beteiligungen gehören auch der Berliner Tagesspiegel sowie das Handelsblatt und die Wirtschaftswoche zum Holtzbrinck-Konzern.

Angeblich stehen rein landsmannschaftliche Ziele hinter dem Kauf durch die GsB. Man wolle „die Unternehmensgruppe Saarbrücker Zeitung als ein erfolgreiches saarländisches Unternehmen an ihrem jetzigen Standort und in ihrer gegenwärtigen Struktur erhalten“, sagte Rudolf Warnking, Vorsitzender der CDU-nahen Union-Stiftung.

Man strebe aber an, einen neuen Gesellschafter für die Zeitungsholding, die auch im Bereich Postdienste, Internet- und IT-Dienstleistungen und Übersetzungsservices tätig ist, zu finden. “Die Aufgabe der GsB kann nicht langfristig in der unternehmerischen und verlegerischen Führung der Saarbrücker Zeitung liegen“, so der GsB-Vorsitzende und langjährige saarländische Innenminister Friedel Läpple (SPD).

Was macht Lafontaine?

Doch diese Begründung stößt auf Unverständnis: „Für eine saarländische Lösung hätten doch die Unternehmensteile im Saarland gereicht, jetzt werden auch Beteiligungen in Brandenburg, der Pfalz und Luxemburg gekauft“, sagt der Verlagsexperte Horst Röper. Dass ausgerechnet die im saarländischen Landtag gar nicht mehr vertretene FDP jetzt über eine parteinahe Stiftung „bei der einzigen Zeitung des Saarlandes mit das Sagen hat, ist eine schräge Nummer“, so Röper.

Der „heftige Einfluss der Parteien“ sei um so problematischer, weil als Gegenpol nur noch der Saarländische Rundfunk existiere. Die ARD-Anstalt ist wie alle öffentlich-rechtlichen Sender ebenfalls nicht völlig staatsfern – und ihr Intendant Thomas Kleist stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats der SPD-nahen Demokratischen Gesellschaft Saarland, der 40 Prozent an der GsB gehören.

Dem ehemaligen SPD-Saar-Zampano Oskar Lafontaine bleibt also nichts erspart. Seine neue Partei will ihn nicht mehr als Vorsitzenden. Und jetzt ist die Linke – anders als die FDP – nicht mal beim großen Pressegeschacher an der Saar mit dabei. Obwohl: Lafontaine kennt das Gefühl.

Als die GSB Saar in den 1970er Jahren die Mehrheit an der Saarbrücker Zeitung an Holtzbrinck verkaufte, war er natürlich noch ein junger, aufstrebender SPD-Landtagsabgeordneter – und streng dagegen, das Blatt einem so konservativen Verlag zu übergeben. Genutzt hat es schon damals nichts.

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